Review

Wenn einer Veröffentlichung die Bezeichnung „Meisterwerk“ nicht annähernd gerecht werden will und man sich während des Hörens in Superlativen ergehen möchte, dann muss schon etwas ganz Besonderes in hoher Qualität geboten werden. Und genau das tut die Band Van Canto, die unter dem Namenszusatz „Metal Vocal Musical“ nicht nur ein neues Kapitel in ihrer Bandgeschichte aufschlägt, sondern daraus gleich ein gesamtes Buch macht. Und dies im wortwörtlichen Sinne, denn das neue Album „Voices of Fire“, entstanden in Kooperation mit Fantasy-Autor Christoph Hardebusch, der durch seinen Roman „Feuerstimmen“ (VÖ: 17.03., Piper Verlag) die literarische Seite dieser Zusammenarbeit präsentieren wird, ist mehr als eine herkömmliche Musik-CD, ja, mehr sogar als man von dem Crossover-Media-Projekt erwartet oder sich erhofft hat.

Denn „Voices of Fire“ ist alles, nur kein Schnellschuss, der zwar mit namhaften Mitwirkenden auftrumpft, es darüber hinaus aber an Konzept, Gehalt oder Klasse missen lässt.
Hier dürfen nicht nur Van Canto stolz sein auf die bereitwillige Zusammenarbeit mit Autor Hardebusch, den London Metro Voices, den weiteren zum Einsatz kommenden (Kinder)Chören oder den meisten als Zwerg Gimli aus „Herr der Ringe“ bekannten Schauspieler John Rhys-Davies, der auf „Voices of Fire“ den Erzähler mimt, sondern jene auch darauf, ein Teil dieses Projekts sein zu dürfen.

Van Canto-Sänger Philip "Sly" Dennis Schunke und Autor Christoph Hardebusch. (Copyright: Stefan Heilemann)

Van Canto-Sänger Philip „Sly“ Dennis Schunke und Autor Christoph Hardebusch. (Copyright: Stefan Heilemann)

Ähnlich wie bei dem Henne-Ei-Problem mag man sich auch bezüglich „Voices of Fire“ fragen: Was war zuerst da: Buch oder Musik? Ganz egal, denn Fakt ist, beides begünstigt und ergänzt sich hervorragend und profitiert von der engen Zusammenarbeit zwischen Band und Autor.

Doch wie klingt es nun, wenn Schreib- und Musikzunft eine Liaison auf hohem Niveau eingehen?
Im Falle von „Voices of Fire“ lautet die schlichte Antwort: herausragend.
Van Canto bleiben sich auch als Van Canto Metal Vocal Musical treu, veredeln ihren Stil jedoch mit Opulenz.
Dazu tragen vor allem die sehr dichten und epischen Chöre bei, die dank der differenzierten Produktion ebenso gut zur Geltung kommen wie der überzeugende Mix der Gesangsstimmen von Philip „Sly“ Dennis Schunke und Inga Scharf.

Deutlich und atmosphärisch dringt auch John Rhys-Davies‘ Stimme als Erzähler aus den Boxen und direkt unter die Haut der Hörer. Er leitet das Album mit dem Track „Prologue“ nicht nur ein, sondern ist zudem für die durch Spoken-Words-Parts geschaffenen Übergänge zwischen den Songs zuständig, sodass die hier erzählte Geschichte nicht nur durch die Songs an die Hörer transportiert wird.

Mit „Clashings On Armour Plates“ präsentiert sich dann schon der erste epische Song des Albums. Melodiestark und äußerst druckvoll stellt der Titel den männlichen Gesang in den Vordergrund, der durch eine eher hintergründige Inga und mehrstimmigen Chören Verstärkung erhält, während das Drumming das Stück energetisch nach vorne treibt. Rhythmus- und Tempowechsel sorgen für zusätzliche Dynamik.
Von einer abwechslungsreichen Seite zeigt sich auch „Dragonwake“, der zunächst tragend und damit fast schon balladesk beginnt, die weibliche Stimme dominieren (sowie gelungen mit den Stimmen des Kinderchors harmonieren) lässt und ab der Hälfte schließlich an Tempo zulegt.
„Time And Time Again“ schlägt mit starkem Groove schließlich eine andere Stilrichtung ein, indem Jazz-artiger Flow Einzug in den Titel hält. Andersartig und überraschend, aber nicht minder begeisternd.
Zu A-Cappella-Metal in Reinkultur kehrt man dann wieder in „Battleday’s Dawn“ zurück, in dem Härte und Tempo wieder merklich angezogen werden.

Immer wieder trifft man auf Doublebass-Attacken, einprägsame Refrains, wechselnde, schöne Melodien und ausgeprägte Chorpassagen. Jeder einzelne Titel spiegelt ein exzellentes Songwriting wider und überzeugt durch Abwechslung.

Van Canto Metal Vocal Musical (Copyright: Stefan Heilemann)

Van Canto Metal Vocal Musical (Copyright: Stefan Heilemann)

Das stimmige Konzept des Crossover-Media Projekts und vor allem dessen Konsequenz der konzeptionellen Umsetzung kommen allerdings nicht nur musikalisch (oder im beeindruckenden Artwork von Osmar Arroyo) zum Ausdruck, bemerkbar machen sich diese auch beispielsweise in der Hörbuchfassung des Romans, die von Van Canto-Leadsänger Sly eingelesen und von der Band musikalisch untermalt wurde. Wer mit „Voices of Fire“ also noch nicht genug hat, der sollte sich passend dazu Buch und/oder Hörbuch von „Feuerstimmen“ zulegen, um das Gesamtkunstwerk des Gespanns Hardebuch-Van-Canto-Metal-Vocal-Musical zu komplettieren. Bei diesem Crossover-Media Projekt stimmt einfach alles – von der Idee bis zu den jeweiligen finalen Produkten.

Zur CD bleibt zu sagen: Mit „Voices of Fire“ veröffentlichen Van Canto als „Van Canto Metal Vocal Musical“ nicht nur ihr vermutlich stärkstes Album und zementieren ihren ganz eigenen innovativen Stil einmal mehr in die Metal-Landschaft, sie – und mit dieser Behauptung lehnt man sich nur allzu gerne dermaßen aus dem Fenster – schreiben hier auch eindeutig Musikgeschichte und setzen neue Maßstäbe. Anders kann man es nicht sehen, wenn selbst einschlägige Symphonic Metal Bands von dieser A-cappella-Formation noch etwas über ihr Genre lernen können. Ganz großes Musik-Kino und ein heißer Anwärter für das Album des Jahres, welches nur schwer von seinem Thron zu stoßen sein wird.

Video

Tracklist

01 Prologue
02 Clashings On Armour Plates
03 Dragonwake
04 Time And Time Again
05 All My Life
06 Battleday’s Dawn
07 Firevows (Join The Journey)
08 The Oracle
09 The Betrayal
10 We Are One
11 The Bardcall
12 To Catharsis
13 Epilogue
14 Hymn (Bonustrack)

Christoph Hardebusch

Christoph Hardebusch (Copyright: Stefan Heilemann / Christoph Hardebusch)

Christoph Hardebusch (Copyright: Stefan Heilemann / Christoph Hardebusch)

geboren 1974 in Lüdenscheid, studierte Anglistik und Medienwissenschaft in Marburg und arbeitete anschließend als Texter bei einer Werbeagentur.

Sein Interesse an Fantasy und Geschichte führte ihn schließlich zum Schreiben. Seit dem großen Erfolg seines Debüt-Romans „Die Trolle“ ist er als freischaffender Autor tätig.

Christoph Hardebusch lebt mit seiner Frau in München.

Sein Roman „Feuerstimmen“ (VÖ am 17.03.2016, Piper Verlag) ist als Crossover Media Projekt mit der Band Van Canto entstanden.

(Quelle: Christoph Hardebusch, Webseite)

Christoph Hardebusch – Homepage
Christoph Hardebusch – Facebook
Christoph Hardebusch – Twitter

Details

Van Canto – Homepage
Van Canto – Facebook
Van Canto – Twitter

Label: earMUSIC (Edel)
Vö-Termin: 11.03.2016
Spielzeit: 55:25

Copyright Cover: earMUSIC



Über den Autor

Conny
"Das Durchschnittliche gibt der Welt ihren Bestand, das Außergewöhnliche ihren Wert." - Oscar Wilde