Review
Die NDH-Formation Scherbentanz aus Regensburg hat vor kurzem ihr neues Album mit dem Titel „Halbes Herz“ in Eigenregie veröffentlicht. Produziert wurde das aktuelle Werk von Bandmitglied Virgil Fenzl. Und wie die Band sich selbst beschreibt, zitieren wir euch hier:
Das Konzept der Band steht für die Verschmelzung von Ästhetik und Dramatik, verkörpert durch kraftvolle Melodien, prägnantem Gesang, stampfenden Rhythmen und mitreißendem Industrial.
Deutsche Texte prägen den kompromisslosen Ausdruck von Emotionen und Wortspielen genauso wie druckvolle, verzerrte Gitarren und atmosphärische Synthesizerklänge.
Die Welt von Scherbentanz ist nicht nur schwarz und weiß. In ihr existieren Licht neben Schatten, Hoffnung sowie Leid, Sehnsucht und Träume.
Das klingt vielversprechend. Ob das Album auch so ausfällt?
Über die Tracks
Als Einstieg dient ein „Intro“, das mit dem Rauschen des Windes und dem Knistern von Feuer untermalt wird. Der Sound im Anschluss ist geprägt von Synthesizer-Klängen, die teilweise mystisch klingen. Schließlich ertönt ein Klavier und Donner ist zu hören. Immer mehr Instrumente steigen in diesen Klangteppich ein, der insgesamt sehr elektrolastig ausfällt.
Damit ist nicht nur Atmosphäre erzeugt, sondern auch der Weg zum Titeltrack „Halbes Herz“ geebnet worden. In diesem sind zunächst brummende, dumpfe Klänge zu hören, die kurz von dem Ton überlagert werden, der erklingt, wenn das Herz stehen bleibt. Anschließend folgt ein virtuoses Pianospiel, das sich unter die restlichen Instrumente mischt. Als der Gesang mitsamt des rollenden „R“ einsetzt, muss man unweigerlich an Till Lindemann oder René Anlauff (Völkerball) denken, die dieses rollende „R“ ebenfalls gerne verwenden. Sowohl in den Strophen als auch im Refrain geht der Gesang eher in Richtung Sprechgesang. Das Ganze wirkt aber etwas monoton, da hier keinerlei tonale Ausschläge nach oben oder unten zugelassen werden.
Der Folgesong „Schrei für mich“ ist im Intro und den Strophen sehr vorantreibend und besitzt einen guten Beat. Auch hier ist der Gesang leider wieder recht monoton. Ein wenig frischen Wind gibt es durch die weibliche Gesangsstimme, die durchaus tonale Abwechslung bietet. Das rollende „R“ wird erneut dauerhaft eingesetzt und wirkt so fast schon erzwungen künstlich.
Ein wunderschönes Klavier-Intro leitet den Song „Der dunkle Weg“ ein. Bass und Synthesizer-Sound gesellen sich hinzu, während man dem Klavier auch im Refrain weiterhin Raum bietet. Zudem gibt es ein Gitarrensolo, das lobenswert zu erwähnen ist. Der Gesang kann hingegen auch hier nicht überzeugen. Mag es auch das Markenzeichen der Band sein, auf diese Weise zu singen, klingt dadurch jeder Song diesbezüglich einfach nahezu gleich.
„Lebendiges Gift“ wartet im Intro mit einem fetten Gitarrenriff auf, das zum Headbangen animiert. Dieses findet sich dann auch als Zwischenspiel im Song wieder. Von Passagen zum Headbangen über Parts, die marschartig gespielt werden, bis hin zu Abschnitten, die mit Streichern belgeitet werden und fast schon an einen Walzer erinnern – musikalisch ist dieser Song definitiv sehr abwechslungsreich. Über den Gesang lässt sich wieder streiten.
Das Gefühl, dass das rollende „R“ weniger eingesetzt wird, hat man dann das erste Mal im Intro von „Maskenball“.
Es folgt „Die Botschaft“ als Aufruf, mit der Band den Scherbentanz zu tanzen – und tatsächlich lädt der eingängige Refrain zum Tanzen ein.
Auch das „Horrorkabinett“ wird seinem Namen gerecht, sind anfangs doch tatsächlich gruselige Klänge zu hören. Positiv sticht hier ein ausgiebiges Gitarrensolo hervor. Nicht ganz gefallen kann dafür aber die Tatsache, dass im Refrain jede Zeile mit einem Reim endet. Das ist dann doch zu viel des Guten und wirkt erzwungen.
In „Lucia“ macht vor allem der fette Sound aus Gitarre, Drums, Bass und Synthies im Intro so richtig Spaß. Am Ende der Strophen gibt es ein Duett aus Frauen- und Männerstimmen, die gesanglich gut abliefern. Den Sound aus dem Intro bekommt man auch im Refrain wieder auf die Ohren. Eine runde Sache.
Nach „Meister der Magie“, das mit einer spannenden Story daherkommt, leiten Sirenen „Die Todsünde“ ein. Entsprechend wird musikalisch hier im weiteren Verlauf mit harten Bandagen gekämpft. Die Strophen werden stramm durchexerziert. Dabei wirken die Instrumente absichtlich abgehackt – so, als folgen sie einer Art Marschbefehl. Im mit Streichern untermalten Refrain klingt das Ganze eher legato. Der instrumentale Zwischenpart darf auch nicht außer Acht gelassen werden; der kann was.
Als Bonustrack gibt es zum Schluss den Song „Tunnel“. Dieser wird von einer Klaviermelodie eingeleitet. Der Track ist extrem ruhig, wird von Streichern, akustischer Gitarre und Klavier begleitet. Das Schlagzeug hält sich bei den Strophen extrem im Hintergrund. Bei diesem Song gibt es eine zweite männliche Gesangsstimme, die im Refrain wie eine Art Echo singt. Den rockigen Zwischenpart hätte es nicht gebraucht; dieser wirkt fast schon störend. Dafür kommt der Gesang ganz am Anfang des Titels ohne das rollende „R“ aus und zeigt eine gute Range. Dies hätte man den gesamten Song über beibehalten können.
Fazit
Mit „Halbes Herz“ präsentieren Scherbentanz ein Album, das bezüglich der Instrumentierung und Melodieführung kritiklos punkten kann. Mit der gesanglichen Leistung kann man hingegen nicht ganz überzeugen, da diese in der Mehrheit der Songs zu monoton wirkt. Bei einem nächsten Album sollte man daher ein wenig mehr an der gesanglichen Range feilen.
Video
Tracklist
01 Intro
02 Halbes Herz
03 Schrei für mich
04 Der dunkle Weg
05 Lebendiges Gift
06 Maskenball
07 Die Botschaft
08 Horrorkabinett
09 Lucia
10 Meister der Magie
11 Die Todsünde
12 Tunnel (Bonus Track)