Review

Bei Schattenmann herrscht das pure „Chaos“.

Auf ihrem dritten Album verarbeiten die vier Musiker Themen wie die sozialen Medien, Liebe im digitalen Zeitalter, Abgründe der Menschheit oder gar Selbsthass.

Bereits auf ihrem Debütalbum „Licht an“ und ihrem Zweitwerk „Epidemie“ beschäftigte sich die Band mit gesellschaftskritischen Themen. Dieses Mal geben sie sich aber noch „härter, metallischer, facettenreicher und inhaltlich kompromissloser“, wie Frontmann Frank Herzig im Vorfeld ankündigte.

Das Chaos beginnt

Und zwar mit dem Opener „Die Ruhe vor dem Sturm“ auf rein instrumentale Weise, ehe es nach diesem Intro mit dem Titelgeber „Chaos“ weitergeht. Dieser liefert gleich im Intro den musikalischen „Schlag in die Fresse“, denn Gitarrist Jan Suk präsentiert Gitarrenriffs, die sich gewaschen haben. Sind die Strophen bereits musikalisch sehr eingängig, lässt sich spätestens der Refrain vorzüglich mitgrölen. Gegen Ende des Songs gibt es noch ein amtliches Instrumentalsolo. Ein gelungener Auftakt.

„Abschaum“ beschäftigt sich mit den Abgründen der Menschheit. Im dazugehörigen Song wird knallhart vor Augen geführt, welche seltsamen, kranken, besserwisserische Menschen sich im Netz und auf den Straßen herumtreiben. In Schattenmann-Manier wird diese Thematik sowohl musikalisch als auch textlich überspitzt dargestellt. Ein extrem eingängiger Song.

Es folgt der ebenfalls sehr eingängige Titel „Extrem“, dessen Intro von Synthesizersound und Drums eingeleitet wird. Danach gibt es die volle Dröhnung des NDH-geprägten Sounds. Frank Herzig hat nach wie vor dieses gewisse Rauchige in der Stimme, das seinen Gesang unverkennbar macht.

„Alles auf Anfang“ kommt im Intro mit harten Gitarrenriffs und knallenden, vorantreibenden Drumschlägen daher. In den Strophen ist das Tempo extrem treibend, im Refrain hingegen wird der Track eher entschleunigt, ohne jedoch an Härte zu verlieren.

Dem zum Mitsingen verleitenden „Choleriker“ schließt sich „Cosima“ an. Hier jedoch wirken sowohl der Text als auch die Instrumentierung ein wenig befremdlich. Auch gesanglich überzeugt der Titel nicht so ganz. Obwohl der Refrain in gewohnter Schattenmann-Manier exerziert wird, ist dies mithin wohl der einzige Track, der nicht unbedingt auf dem Album hätte landen müssen.

Bei „Spring“ gaben sich die Kultrocker von J.B.O. die Ehre, gesanglich an diesem Track und im dazugehörigen Video mitzuwirken. Die J.B.O.-Frontmänner Hannes und Veit verleihen dem Song mit ihren unverkennbaren Stimmen eine ganz spezielle Note. Insgesamt bekommt der Titel (von der Instrumentierung her) eine Metal-Note verpasst.

An Falco erinnern wiederum die ersten Takte von „Amnestie“. Der Track ist sowohl gesanglich als auch musikalisch sehr ernst, fast schon traurig gestaltet. Gitarre und Bass wirken entsprechend sehr schwer und düster. In der Bridge wird der Gesang von einem Klavier begleitet, das diesen Part noch düsterer erscheinen lässt.

Interessant wird es dann in „Voodoo“, das mit einer sehr ungewöhnlichen und komplexen Instrumentierung ausgestattet wird, bei der man nicht so genau weiß, um welche Instrumente es sich hier wohl genau handeln mag.

Auf ironische und lustige Weise nimmt „Alman“ die Eigenheiten der Deutschen im Ausland aufs Korn. Im Intro gibt es dazu den Beginn eines Volksliedes zu hören, das von einer Marschkapelle dargeboten wird. Die Gitarre nimmt die Melodie schließlich auf und wandelt sie in einen harten Rock-Sound um. Indessen fällt in den Strophen der Synthesizersound extrem auf.

„Wir gehorchen nicht“ geht dann so richtig „deep“. Die Strophen folgen einer Art Loop und tonal spielen die Instrumente fast schon im Keller. Der Refrain ist sehr mitreißend und taugt zum Ohrwurm. Ein extrem guter Song, der Hit-Charakter besitzt.

Schattenmann (Copyright: Tom „Row“ Jäschke)

Eine offene Kritik an den Shitstorm in den sozialen Medien, welche so gar nicht sozial sind, übt „IYFF“, was so viel bedeutet wie „In your fuckin face“. Musikalisch ragt der Song allerdings nicht sonderlich heraus. Er ist nett anzuhören, aber mehr auch nicht. Ein Rock-Song, der so vor sich hin plätschert. Besonders hervorzuheben ist hier aber immerhin das Gitarrensolo.

Mitten ins Herz trifft dafür „Jetzt oder nie“. In den Strophen relativ langsam und ruhig sowie von Synthesizersound und Klavier begleitet, nimmt der Song im Refrain Tempo auf.

Der Track „Komplett auf Anschlag“ liefert am Ende des Albums noch einmal Stoff zum Abgehen. Der Song hat einen guten Drive und verursacht gute Laune.

Fazit

Wie immer treffen Schattenmann mit ihren Texten den Nagel auf den Kopf. Herrlich ehrlich und authentisch bringen die vier Jungs Themen auf den Tisch, die angesprochen werden müssen. Sowohl musikalisch als auch gesanglich entwickelt sich die Band stetig weiter und zeigt, welches Potenzial noch in ihr steckt. Man darf sich auf die kommenden Liveshows freuen. Bis dahin wünschen wir allen Hörer:innen viel Spaß im und mit „Chaos“.


Chaos (Digipak)

Video

Tracklist

01 Die Ruhe vor dem Sturm
02 Chaos
03 Abschaum
04 Extrem
05 Alles auf Anfang
06 Choleriker
07 Cosima
08 Spring (feat. J.B.O)
09 Amnestie
10 Voodoo
11 Alman
12 Wir gehorchen nicht
13 IYFF
14 Jetzt oder nie
15 Komplett auf Anschlag

Details

Schattenmann – Homepage | Schattenmann – Facebook | Schattenmann – Twitter

Label: AFM Records
Vö-Termin: 05.11.2021
Spielzeit: 49:09

Copyright Cover: AFM Records



Über den Autor

Selina
Carpe Noctem