Review

Zwischen Musik machen wollen und Musik machen können liegen nicht selten bekanntlich Welten. So ist nicht jeder willige Musiker gleich auch ein talentierter Komponist oder gar ein begnadeter Sänger. Und dennoch ist der Mut löblich, den Traum einer eigenen CD Realität werden zu lassen.
Dies tat auch Ottermann, als er 2005 sein Debütalbum „Minirock“ veröffentlichte. Bis heute ist er musikalisch am Ball geblieben, sodass mittlerweile das Zweitwerk „Without Warning“ folgte.

Rein quantitativ lässt sich Ottermann darauf nicht lumpen und präsentiert „Without Warning“ prompt als Doppelalbum und Limited Deluxe Edition.
Bei so viel Material – egal ob reguläres Album oder Bonusdisc mit unterschiedlichen Remix- und Songversionen – wird definitiv etwas für jeden interessierten Hörer dabei sein, sodass die Umstände, dass nicht jeder Track gleichermaßen überzeugen kann und zugleich vom individuellen Geschmack des Hörers abhängt, in den Hintergrund rücken.

In ebenjenen driftet auch der Gesang Ottermanns phasenweise ab, und zwar immer dann, wenn beispielsweise Zerrsounds die Herrschaft übernehmen. Angesichts der häufig eher mäßig gelungenen Aussprache der englischen Lyrics und des nicht immer perfekten Gesangs ist dies jedoch begrüßenswert.
Ebenso wie auf musikalischer variiert Ottermann auch auf gesanglicher Ebene. Vor allem die Wave-Note seiner Musik kommt häufig besonders stimmlich zum Vorschein. Während der Musiker zudem mehrmals hörbar einem Marilyn Manson nacheifert (z.B. in „Der Lack is Up“), findet man in „The Wiseman“ stellenweise Anklänge an Deine Lakaien.

Weniger facettenreich fallen die Lyrics auf „Without Warning“ aus. Sich wiederholende, simple und phrasenhafte Textzeilen prägen das Album und sind durch ihre teils vorhandene Anspruchslosigkeit zwar umgehend einprägsam und mitsingbar, erscheinen aber gerade in Kombination mit der teils unglücklichen Aussprache der englischen Lyrics zuweilen etwas amateurhaft.

Wo viele Tracks zu hören sind (15 pro CD an der Zahl), da nimmt das Hören gerne auch mal viel Zeit in Anspruch. Diese kann jedoch dann sehr lang erscheinen, wenn man dabei auf monotone Titel wie „Say Goodbye“ stößt. Repetitive Phasen kennzeichnen das melancholisch ausgerichtete Stück und sorgen durch einen fehlenden Spannungsbogen für eine gewisse Lethargie, die sich auch auf die Hörer überträgt.

Ottermann (Copyright: Ottermann)

Doch Ottermann kann auch Gas geben und präsentiert mit „My God is a Loveshaker“ einen Aggrotech ähnlichen Mix, der mit prägnanten Gitarren die Rock-Note in den Sound hineinbringt.
So stößt der Hörer alles in allem mal auf Tracks mit Ohrwurmpotenzial und gelungenen Melodien, mal allerdings auch auf Songs, die eher nach Hobby statt Professionalität klingen.

Insgesamt gibt sich Ottermann sehr abwechslungsreich und bewegt sich auf „Without Warning“ zwischen Manson-Klängen, Wave-Atmosphäre, Aggrotech, Scooter und 80er Synthpop, ragt jedoch trotz der immer wieder neu gezeigten Nuancen leider nicht über die Leistungen eines durchschnittlichen Electro-Projekts hinaus. Vielmehr liegen die Qualitäten einiger Songs aufgrund der genannten Kritikpunkte sogar darunter. Und das, obschon sich um Vielseitigkeit hinsichtlich der Arrangements bemüht wird.

Tracklist

CD 01 – Without Warning
01 Der Lack is Up
02 Without Warning
03 L.O.V.E.
04 A Fire Burns
05 Maybe
06 Stage Divong School
07 This is Y
08 Interlude
09 My God is a Loveshaker
10 The Wiseman
11 Rosegarden
12 Warning
13 Electric Giveaways On Fire
14 Say Goodbye
15 When the Lights Go Down

CD 02 – Bonus Disc
01 Without Warning (Radio Edit)
02 Rosegarden (Alternative Version)
03 LOVE
04 Electric Giveaways On Fire (Stromschlag Remix / Stromfire)
05 Without Warning (solarplexus rmx / N-Frequency)
06 Rosegarden (S.E. Pell Rekonstrukt)
07 L.O.V.E. (Mood Strings Mix / Stromfire)
08 Loveshaker (Party Jamsession Version)
09 Maybe (Beautiful Creation Mix / Stromfire)
10 Rosegarden (Original Version)
11 Stage Diving School (Sunny Afternoon Demo Version)
12 Maybe (Remix / ADHSpezial)
13 Good Times (First Take Demo)
14 22 Seconds
15 Outro

Details

Ottermann – Homepage
Ottermann – Facebook

Label: ABC-Roxxon / Eigenproduktion
Vö-Termin: 22.08.2016
Spielzeit: 57:35 + 56:47

Copyright Cover: Ottermann



Über den Autor

Conny
"Das Durchschnittliche gibt der Welt ihren Bestand, das Außergewöhnliche ihren Wert." - Oscar Wilde