Review
Alle paar Jahre kommt eine Band und bringt ein Album raus, das einen buchstäblich von den Socken haut. Diesmal kommt es von Nörd. Nein, nicht von den Quotennerds aus dieser Sitcom, sondern die aus Berlin und mit „ö“.
Laut eigenen Aussagen klingt die Musik der vier Jungs nach hyperaktivem Pop. Allerdings enthält der Sound noch diverse Ausflüge in den Indie-Bereich mit einem dezentem Hauch Synthi. Aber grundsätzlich fließt alles zu tanzbarem Pop zusammen.
Wo fängt man bei einem sehr sozial orientierten Album wie „Na und? Wir kennen Euch doch auch nicht!“ also an? Am besten bei der markantesten Single „Drogen“, die schon Monate vorher veröffentlicht wurde und dessen Video diverse prominente Auftritte aufweist. Von einem Ohrwurm zu sprechen wäre hierbei glatt untertrieben, dieser Song ist ein Ohrwurm-Terrorist. „Drogen“ macht den Hörer im wahrsten Sinne des Wortes abhängig.
Ausschlaggebend für diesen und die restlichen elf Songs ist die simple Songstruktur, die leicht zu begreifen ist. Dazu ein angezerrtes, grooviges Gitarrenriff und gut platzierte Elektronik sorgen für eine solide Basis. Zusätzlich dazu, quasi als Kirsche auf dem Sahnehäubchen, eine mitsingbare und abfeierbare Hook.
Auf dieser Platte passt einfach alles gut zusammen. Die Gitarre, der Bass, das Schlagzeug und die Synthis sind in den einzelnen Songs hervorragend arrangiert worden. Genau im richtigen Maß und zur richtigen Zeit. Hinzu kommt eine gewisse Clubtaubglichkeit in Titeln wie „Ich breche zusammen“, dessen Nebentitel übrigens „Feiern ist keine Freizeit“ ist. Und mit diesem extremen Vergleich kommen wir direkt zu den Lyrics.
Die Texte auf dem Album sind leicht vom Indie inspiriert, mit vielen Metaphern und Wortspielen. Gesanglich wiedergegeben mit einer sehr kernigen, leicht bluesigen Stimme, die perfekt zum Gesamtkonzept passt. Allerdings zeigen sich Nörd mit einer Auswahl verschiedener Instrumente und Effekte durchaus abwechslungsreich. Besonders auffällig sind die orientalischen Synthi-Klänge, beispielsweise im Song „Keine Sterne“, die sich wunderbar in den ohnehin schon guten Pop-Sound einfinden.
Auf „Na und? Wir kennen Euch doch auch nicht!“ werden verschiedene Themen behandelt und musikalisch umgesetzt.
„Maschinen“ repräsentiert einen gesellschaftskritischen Elektronik-Song und „Benzin“ ist eine so kraftvolle Anti-Ballade, dass man gar nicht darum herumkommt, auf „Replay“ zu drücken. Letzterer punktet mit einem verlangsamten Beat, dreckigen Gitarren und melodramatischen Texten.
Abseits der Musik macht die Truppe aus Berlin auch so eine gute Figur. Man muss nur einen Blick in das Booklet oder auf die Fotos der Facebook-Seite werfen, um festzustellen, dass sich da vier lustige Typen zusammengefunden haben. Diese Sympathie steigert den Wert dieser Platte nur noch mehr, weil das Gesamtpaket einfach überzeugt.
Man hat es wahrscheinlich oben schon gesehen, die Band verdient einfach schon aus Prinzip fünf Sterne. Die Produktion ist super und die musikalische Leistung zeigt keinerlei Schwächen. „Na und? Wir kennen Euch doch auch nicht!“ läuft einfach flüssig durch (mit kurzem Verweilen bei manchen Titeln) und wird es durchaus noch mehrere weitere Male tun.
Wer wirklich auf deutschen Indie bzw. guten deutschen Pop steht, sollte diese Platte im Regal stehen haben und Nörd weiter im Auge behalten. Wer weiß, was diese Jungs als nächstes bringen. Mit „Na und? Wir kennen Euch doch auch nicht!“ wurde die Spitze des Eisberges auf jeden Fall erreicht und es besteht kein Zweifel daran, dass diese vier Jungs es in Zukunft noch viel weiter treiben werden.
Videos
Trackliste
01 Ich breche zusammen
02 Rette mich wer kann
03 Drogen
04 Nah
05 Halb so schlimm
06 Wesentlich
07 Maschinen
08 Krank
09 Tageslicht
10 Benzin
11 Keine Sterne
Details
Nörd – Homepage
Nörd – Facebook
Nörd – Twitter
Label: Bring Me Home Records / Rough Trade
Vö-Termin: 30.01.2015
Spielzeit: 39:37
Copyrigh Cover: Rough Trade