Review
„Kult“ – das ist der Titel des am 01. Dezember 2017 bei Trollzorn erschienenen Albums und wohl auch das, was Minas Morgul nach 20 Jahren Bandgeschichte für den deutschsprachigen Black Metal sind. Höhen und Tiefen ihrer Schaffenszeit bilden sie in knapp 45 Minuten in zehn Titeln ab.
Befremdlich rituell zeichnet „Einleitung“ ein diffuses Bild, bevor der Titelsong „Kult“ gewohnt düster und mit einem spirituell-kämpferischen Filmzitat in den Bann zieht. Bombastische Blasts untermauern kraftvolles Growlen und ungezügelt preschen die Riffs voran.
„Ein Teil von mir“ belohnt den treuen Hörer unerwartet gefühlvoll mit melodischen Tiefen, klagenden Clean Vocals, heroischem Growlen und fesselnden Rhythmuswechseln. „Als wären Stunden nur Sekunden, als würde alles neu beginnen“ ist der Ton gewordene Rückblick auf die Bandgeschichte der Brandenburger und ein Kleinod zukünftiger Live-Auftritte, lässt sich doch „was du denkst und wie du fühlst ist immer Teil, ist Teil von mir“ bestens im Wechselgesang mit dem Publikum und erhobenen Bierbechern grölen. Der Inbegriff schwarzmetallischen Zusammengehörigkeitsgefühls.
„Abschied“ erweitert das gesangliche Klangbild um eine tragische Komponente; dramatische Drums, Growlen und Klargesang können einem Dahingeschiedenen genauso wie einem Vorsichhinmoschenden gewidmet sein: „Und keine Stunde ist vergessen, keine Sekunde ist verblasst, die Erinnerung lässt mich leben, hält mich bei euch ein Leben lang.“ Ungezügelt jagt der Bass durch klare Riffs und auch in „Leere“ sind die perfekt punktuierten Percussions das dünne Drahtseil einer Gratwanderung drängender Emotionen über dunkle Abgründe. „Was treibt dich an, wer willst du sein“ ist so energisch wie aufrüttelnd, der kraftvolle Chorus, die hämmernden Drums und die großartig eingebetteten Melodien trösten mit Leichtigkeit über einige Stolperstellen in den Lyrics hinweg und lassen im Geiste mitgrowlen. Die wenig abwechslungsreiche Farbpalette von Finsternis, kaltem Dunkel und weitem Blau führt zu einer „Welt ohne Farbe“, die Einfachheit der Worte zeichnet deutliche Bilder und ist meist klar und unverblümt, was so manch angestrengt formulierter Zeile doch einen Anstrich dünn blätternden Pathos verleiht. Macht nix, dröhnt trotzdem ordentlich.
Eine willkommene Abwechslung zu dieser schlichten Schwarzmalerei ist die Zusammenarbeit mit Equilibrium, „Nur eine Kugel“. Das Konzept ist nicht neu: misanthropisches Film-Snippet, drückende Blasts und drängende Riffs gut vermengt mit Lyrics, über die man sich wunderbar streiten kann, sind Teil des Erfolgsrezepts von Minas Morgul. Es folgen noch einige Gewaltszenen, Klinge, Blut und man möchte meinen, die feuerheiße Luft sei raus und es bleibt „nur noch kalte Asche“, die kohleglühenden Hufe haben sich überschlagen und das Donnerpferd hat sich am schwarzen Horizont verloren. Noch ein Menschenfeind-Filmzitat, Kerker, Schwärze, „gar nichts mehr“. Man möchte den Jungs eine Farbtafel oder einen Thesaurus reichen; am Ende machen sie es doch wie es ihnen gefällt und das ist auch gut so.
Mit „XX“ schieben sie noch ein paar episch anklingende Melodien hinterher, seinen Zenit hat das Album dabei aber schon weit überschritten.
Alles in allem ein passabler Longplayer, dessen erste Hälfte gerne in der Heavy Rotation landen kann. Alles Weitere ist Minas-Morgul-Kult.
Video
Tracklist
01 Einleitung
02 Kult
03 Ein Teil von mir
04 Abschied
05 Leere
06 Bevor ich gehe
07 Nur eine Kugel
08 Scherben
09 Was bleibt
10 XX