Review

„Die Wildnis ist in uns“ stellen die Regisseure Markus Goller und Lennart Ruff mit ihrer achtteiligen Serie „Wild Republic“ fest und ziehen diese Erkenntnis gleichzeitig als Untertitel ihrer Produktion heran.

Jene, so wird beworben, soll sich zwischen „Lost“ und „Herr der Fliegen“ ansiedeln und mit Naturaufnahmen glänzen, wie man sie ähnlich atmosphärisch bereits in „Der Pass“ zu sehen bekam. Es geht also in und um die Wildnis und hier gilt: Jugenddrama trifft auf Survival-Abenteuer.

Eine Gruppe jugendlicher Straftäter flieht vor dem Staat –
und gründet einen eigenen

„Strafe hat noch nie dazu geführt, dass Menschen sich bessern. Im Gegenteil: Sie führt zu mehr Gewalt.“ Dieser Auffassung ist der Psychologe und Autor Lars Sellien (Franz Hartwig). Er ist Leiter einer sogenannten erlebnispädagogischen Maßnahme, mit jungen Straftätern, die außer Kontrolle gerät. Eigentlich sollen die Teenager während einer mehrwöchigen Tour durch die Alpen Gemeinschaftssinn, Solidarität und Rücksicht erlernen – doch dann wird ihr Betreuer tot aufgefunden. Scheinbar weiß niemand, was ihm zugestoßen ist. Die Gruppe gerät in Panik und steht vor einem Dilemma: Die Behörden rufen und selbst in Verdacht geraten? Oder fliehen und das Schicksal in die eigene Hand nehmen? Die Jugendlichen haben wenig gemeinsam, aber eines vereint sie: Sie haben verdammt schlechte Erfahrung mit Behörden und Justiz gemacht und kein Vertrauen darauf, dass sie fair behandelt werden.

(Quelle: Themroc PR)

Ein >Herr der Fliegen< in den Hochalpen

Das Experiment, existenziell wie einst bei „Herr der Fliegen“, führt die heterogene Truppe zunehmend an ihre Grenzen. Im Kampf gegen Naturgewalten und eigene Aggressionen bilden sie eine Gemeinschaft nach eigenen Regeln und wagen den Neustart: die Wild Republic. Und schon bald müssen sie entscheiden, was zu tun ist, wenn ihre eigenen Gesetze gebrochen werden …

In jeder Folge – benannt nach den einzelnen Charakteren – erfahren die Zuschauer:innen zudem (mittels kurzer Rückblenden) Hintergrundinformationen über die Vergangenheit und den kriminellen Werdegang der entsprechenden Protagonist:innen. Das führt dazu, die Figuren und ihre Backstorys näher kennenzulernen. Deutlich merkt man dabei aber auch, dass ihre Geschichten und Charakterdarstellungen mit reichlich Klischees ausgestattet wurden. Immerhin, manches Verhalten wird dadurch plausibler und nachvollziehbarer; mitunter werden sogar Sympathien für einige Figuren geweckt.

Dazu trägt außerdem das aussagekräftige Schauspiel der Darsteller:innen bei.
An der Seite bekannter Namen wie Franz Hartwig (u.a. „Der Pass – Staffel 1“) und Ulrich Tukur (u.a. „Der Überläufer“, „Die Auserwählten“) bestehen somit auch die eher Unbekannten und bisher noch wenig Gesehenen wie Emma Drogunova („Der Trafikant“), Merlin Rose (u.a. „Die Spezialisten – Im Namen der Opfer“) und Béla Gábor Lenz („Hausen“). Gemeinsam mit Maria Dragus, Rouven Israel, Camille Dombrowsky, Anand Batbileg, Aaron Altaras und Luna Jordan mutieren die Youngster von ehemaligen Nebenrollen-Inhabern zu wahren Charakterdarstellern.

Eine Gruppe jugendlicher Straftäter auf der Flucht in „Wild Republic – Die Wildnis ist in uns (Staffel 1)“. (Copyright: Luis Zeno Kuhn, Lailaps Pictures GmbH / X Filme Creative Pool GmbH)

Besonders sticht dabei Béla Gábor Lenz hervor, der seine Figur eindringlich und angemessen „wahnsinnig“ verkörpert.

Am Schauspiel liegt es daher nicht, dass die Serie bei uns an einer Punktlandung vorbeischrammt. Auch die überraschende Wendung am Ende sorgt für Aha-Erlebnisse und lässt die bis dato aufgebaute Spannung nicht wirkungslos verpuffen. Dennoch wirken die „Auflösung“ sowie die Entwicklungen, die für die Thriller-Nuancen hergenommen werden, etwas weit hergeholt. Schade, erscheinen insbesondere die Gruppendynamik und das Miteinander dieser zusammengewürfelten Gruppe doch bis dahin sehr authentisch.

Fazit

Spannend entwickeln sich hier Dilemmata, die auch die Zuschauer:innen zum Nachdenken bringen. Auf eindringliche Art verfolgen diese das Agieren der Figuren, das auch nach der Serie noch ein wenig nachhallt. Ausreichend in sich abgeschlossen, bietet das Ende dennoch Raum für eine Fortsetzung und man darf gespannt sein, ob und wann diese erscheint, denn zu erzählen gibt es noch einiges, das dann sicherlich erneut mit einer Altersempfehlung ab 16 Jahren angemessen „blutig“ und wirkungsvoll inszeniert wird.


Wild Republic – Die Wildnis ist in uns (Staffel 1)

Trailer

Handlung

Was würdest du geben für eine zweite Chance?

Jugenddrama trifft auf Wildnis-Abenteuer – Ein „Herr der Fliegen“ in den Hochalpen.

Eine Gruppe jugendlicher Straftäter soll durch ein erlebnispädagogisches Programm in den Alpen resozialisiert werden. Plötzlich wird ein Betreuer tot aufgefunden. Keiner weiß, was passiert ist – Unfall oder Mord?
Die Teenager flüchten hoch in die Berge. Auf der Suche nach Freiheit und Schutz vor den Behörden verstecken sie sich in einer Höhle. Im Kampf gegen die Naturgewalten und eigene Aggressionen bilden sie dort eine Gemeinschaft mit ganz eigenen Regeln: die wilde Republik.

(Quelle: Eye See Movies)

Episoden

01 Kim
02 Ron
03 Marvin & Jessica
04 Justin
05 Lindi
06 Rebecca
07 Can
08 Neustart

Details

Sprache: Deutsch, Hörfilmfassung
Untertitel: Deutsch für Hörgeschädigte, Englisch
Ton: DTS HD MA 5.1 Ton / Dolby Digital 5.1
Bildseitenformat: 1920 x 1080 / 16:9
Anzahl Disks: 2
FSK: Freigegeben ab 16 Jahren
Studio: Eye See Movies
Erscheinungstermin: 19.05.2022
Produktionsjahr: 2020
Spieldauer: ca. 400 Minuten (8 Episoden à jeweils 50 Minuten)
Extras: 12-seitiges Booklet

Copyright Cover: Lailaps-Pictures-GmbH / Eye See Movies



Über den Autor

Conny
"Das Durchschnittliche gibt der Welt ihren Bestand, das Außergewöhnliche ihren Wert." - Oscar Wilde