Review

„Die Mühlen der Justiz mahlen langsam“ – und wie das Justiz-Drama „Lucia – Engel des Todes?“ von Regisseurin Paula van der Oest zeigt, auch nicht immer gründlich und korrekt genug, denn was sich hinter dem Filmtitel verbirgt, ist die Geschichte der Krankenschwester Lucia de Berk, die 2003 in den Niederlanden trotz mangelnder Beweislage für mehrere Morde an Senioren und Säuglingen zu einer lebenslänglichen Haftstrafe verurteilt wurde. Ein Fehlurteil der Justiz, das nun mit fast schon skandinavischem Touch verfilmt wurde.

Entsprechend ausdrucksstark fällt die Kameraführung und Farbgebung von „Lucia – Engel des Todes?“ aus.
Meist aufgenommen sowohl aus den Blickwinkeln und Perspektiven der wichtigsten Figuren als auch per Nahaufnahmen, sieht der Zuschauer die Geschehnisse und nimmt jene recht direkt wahr. Dies unterstützt nicht nur die Nachvollziehbarkeit, sondern fördert auch die Empathie, schafft Nähe zu Figuren und Handlung und steigert letztlich die Dramatik und Tragik des Ganzen.
Zeitgleich spiegeln abgedunkelte Räume und der Verzicht auf helle, fröhliche Farben und Kulissen die bedrückende Stimmung der Geschichte hinter „Lucia – Engel des Todes?“ wider.

Davon abgesehen wird man jedoch feststellen, dass der Film insgesamt sehr schlicht gehalten wurde. Das ist sowohl ein Vor- als auch ein Nachteil von „Lucia – Engel des Todes?“, denn einerseits wird der Zuschauer durch den Fokus auf die zentrale Thematik und das optisch Wesentliche durch nichts abgelenkt, andererseits fehlt es zeitweise – gerade für an Action, Farbenspiel und eine gewisse Hektik gewohnte Zuschauer – an Dynamik. Es kommt vereinzelt zu langweiligeren Phasen; fatal angesichts des dramatischen Hintergrunds des Films.

Nichtsdestotrotz ist „Lucia – Engel des Todes?“ weit davon entfernt, als trockenes Justiz-Drama abgetan zu werden.
Der reale Bezug, der nur selten durch fiktive Momente und Zugaben gepusht wurde, und das Schauspiel von Ariane Schluter in der Rolle als Lucia de Berk, das die Emotionen und psychischen sowie physischen Befindlichkeiten im Zuge des Prozesses eindringlich an die Zuschauer transportiert, verhindern dies.

Eine gegen alle - das Schicksal in den Händen der Justiz. (Copyright: Edel:Motion / Pief Weyman)

Eine gegen alle – das Schicksal in den Händen der Justiz. (Copyright: Edel:Motion / Pief Weyman)

Zudem wird – nicht zuletzt durch die reduzierte Vorgehensweise und Schlichtheit – von allzu künstlicher Effekthascherei abgesehen. Damit bleibt „Lucia -Engel des Todes?“ authentisch und weiß, ohne Übertreibungen nötig zu haben, zu berühren und eine Aussage zu treffen.

Der Blick auf das Wesentliche, den Regisseurin Paula van der Oest hier verfolgt, lenkt somit das Hauptaugenmerk nicht nur auf das Schicksal der Lucia de Berk, sondern auch auf die Fehlbarkeit der Justiz und macht deutlich, wie schnell Vorurteile, Vorverurteilungen und daraus resultierende regelrechte „Hexen- und Hetzjagden“ entstehen können und noch wichtiger, dass es viel schwerer ist, die eigene Unschuld als die vermeintliche Schuld zu beweisen.
Die verquerte Unschuldsvermutung, nämlich schuldig zu sein, bis die Unschuld bewiesen ist, lässt auch den Zuschauer nicht kalt, der durch „Lucia – Engel des Todes?“ glaubwürdig aufgezeigt bekommt, wie hilflos man gegen Medien, Obrigkeiten und Gesetzgebungen sein kann, während sich um einen herum alles zu verselbstständigen droht.

Mit dem Bonusmaterial wirft man mit Regisseurin Paula van der Oest und dem vorzufindenden „Making of“ abschließend noch einen kurzen, aber informativen Blick hinter die Kulissen des Films.

Trailer

Handlung

Die wahre Leidensgeschichte der Lucia de Berk

Das niederländische Justiz-Drama „Lucia – Engel des Todes? von Paula van der Oest handelt von dem bekanntesten Fehlurteil in der jüngsten Justizgeschichte des Landes.
Die Krankenschwester Lucia de Berk wird für mehrere Morde, trotz mangelnder Beweislage, zu einer lebenslänglichen Haftstrafe verurteilt. Dabei wird sie Opfer eines riesigen Justizirrtums, sitzt über sechs Jahre unschuldig im Gefängnis und verliert in dieser Zeit alle Hoffnung, da jede Berufung scheitert.

(Quelle: Edel:Motion)

Details

Format: PAL
Sprache: Niederländisch (Dolby Digital 5.0), Deutsch (Dolby Digital 5.0)
Bildseitenformat: 16:9 – 1.77:1
Anzahl Disks: 1
FSK: Freigegeben ab 12 Jahren
Studio: Edel Germany GmbH
Erscheinungstermin: 29.01.2016
Produktionsjahr: 2014
Spieldauer: 103 Minuten
Extras: Making-of

Copyright Cover: Edel:Motion



Über den Autor

Conny
"Das Durchschnittliche gibt der Welt ihren Bestand, das Außergewöhnliche ihren Wert." - Oscar Wilde