Review
Wenn deutsche Filmproduktionen für etwas bekannt sind, dann vermutlich für romantische Komödien. Oder lustige Lehrerfilme. Auf jeden Fall haben sie ulkige Titel und vermutlich springt auch Til Schweiger irgendwo mit herum. Der Thriller „Boy 7“ hat (abgesehen vielleicht vom etwas albernen Titel) nichts von all dem – und das ist im Grunde schon mal etwas Gutes!
„Boy 7“ liegt etwas abseits dieser deutschen Filmtrends und bedient, dank der Jugendbuchvorlage der niederländischen Autorin Mirjam Mous, neben spannenden Elementen auch das Teenie-Segment. Das wird dem Zuschauer nach einem kurzen Orientierungsmoment schnell klar, denn der Protagonist ist ein Teenager, vielleicht 18 Jahre alt, der auf irgendwelchen U-Bahn-Gleisen aufwacht und sich an rein gar nichts erinnern kann. Recht unvermittelt und ohne zeitlich-örtliche Anhaltspunkte taucht also der Zuschauer in diese adaptierte Welt ein. Während der namenlose Junge in typisch holprigen Kamerafahrten noch ein bisschen herumtorkelt, wird er auch schon von der Polizei aufgegriffen. Statt sich festnehmen zu lassen, gelingt ihm allerdings die Flucht. Durch eine große Portion Glück findet er anschließend versteckt auf einer Restauranttoilette ein kleines Büchlein und wenig später sogar ein Mädchen, das eine Zeichnung von ihm hat, aber ebenso ahnungslos ist.
Bevor diese Verwirrung noch größer werden kann, beginnen die beiden zu lesen und entdecken so nach und nach ihre bisherige Geschichte, die von einer kriminellen Vergangenheit, über die „Kooperation X“ bis hin zur paramilitärischen Ausbildung mit umgebauten Paintballwaffen und Gedankenkontrolle reicht.
Zugegeben, der filmische Kniff, in der Gegenwart zu beginnen und anschließend ganz ausführlich mit Rückblenden zu arbeiten, gelingt hier im Ergebnis dem erfahrenen Regisseur Özgür Yildirim ganz gut. Es verleiht der Erzählung eine interessante Struktur, ohne die „Boy 7“ eine ziemlich geradlinige, wenn nicht sogar langweilige Geschichte geworden wäre.
Dazu gesellen sich mit David Kross und Emilia Schüle zwei äußerst sympathische Antihelden, denen man ihre Rolle gern abkaufen möchte.
Auch im Übrigen lässt sich weder am Cast noch an der Produktion großartig meckern – solide und an ein jüngeres Publikum angepasst lassen sich die rund 100 Minuten unterhaltsam über die Bühne bringen.
Trotzdem bleibt am Ende das Gefühl, dass hier ein bisschen der Funke fehlt. Warum sollte ein Unternehmen denn einfach so Experimente an Jugendlichen durchführen? Was ist eigentlich mit den Eltern, es können ja nicht alle der Kinder Waisen sein? Wieso spielt das Justizsystem da mit?
Diese und weitere Ungereimtheiten stapeln sich leise von Beginn des Films an und hinterlassen, ohne gigantische Logikkrater zu sein, einen etwas faden Beigeschmack. Die beiläufige, oberflächliche Romanze (inkl. der beliebten Thematik „Mein erstes Mal“) sorgt für das übrige Kopfschütteln.
Ob die Unzufriedenheit – oder besser der hohe Anspruch an dystopische Verfilmungen? – darin liegt, dass hier die Buchvorlage nicht ganz optimal ins Filmformat übersetzt wurde oder ob der Zuschauer mit solchen Geschichten schlicht übersättigt ist, liegt im Bereich der Mutmaßungen.
Fest steht: Dass dieser Film in den Kinos nicht übermäßig erfolgreich war, lässt sich durch Lücken im Konzept durchaus erklären. Zumal die inhaltliche Ausrichtung die Zielgruppe weit einschränkt, denn nimmt man es einmal ganz genau, handelt es sich hier um Pubertät „extrem“, quasi die Suche nach sich selbst unter stark erschwerten Bedingungen.
Nichtsdestotrotz ist „Boy 7“ ein Film, der Genre-Fans durchaus Freude bereiten kann, zumindest, bis dann die nächste Hochglanz-Dystopie à la „Die Tribute von Panem“ in die Kinos kommt.
Trailer
Handlung
Ein junger Mann (David Kross) kommt mitten in der Nacht auf den Gleisen in einem U-Bahn-Tunnel zu sich. Weder erinnert er sich an seinen Namen, noch weiß er, wie er dorthin gekommen ist. Als er sich plötzlich auf einem Fahndungsbild entdeckt, begreift er, dass sein Leben in höchster Gefahr ist. Doch zum Nachdenken bleibt nicht viel Zeit, denn seine Verfolger sind ihm dicht auf den Fersen. Unverhofft findet er ein Tagebuch, verfasst in seiner eigenen Handschrift und scheinbar der Schlüssel zu allem. Als schließlich eine junge Frau (Emilia Schütte) auftaucht, die wie er eine Brandwunde an der linken Hand hat, beginnt eine gefährliche Reise in die Vergangenheit. Mit jedem weiteren Puzzlestück enthüllt sich eine abgründige Verschwörung, die sich in höchste gesellschaftliche Kreise zieht ….
(Quelle: Koch Media)
Details
Sprache: Deutsch (Dolby Digital 5.1)
Untertitel: Deutsch
Bildseitenformat: 16:9 – 2.35:1
Anzahl Disks: 1
FSK: Freigegeben ab 12 Jahren
Studio: Koch Media GmbH – DVD
Erscheinungstermin: 25.02.2016
Produktionsjahr: 2015
Spieldauer: 100 Minuten
Copyright Cover: Koch Media