Review
Die besondere Anziehungskraft von „Boy Missing“ (Secuestro) dürfte für den einen oder anderen Filmliebhaber vor allem von dem Namen Oriol Paulo („The Body – Die Leiche“) ausgehen. Insbesondere der letzte Film des spanischen Drehbuchautors und Regisseurs, „Der Unsichtbare Gast“, hat uns sehr positiv überrascht, weswegen wir ihn auch als Thriller-Highlight voller Drehungen, Wendungen und Twists eingestuft und mit 4,5 Sternen – zwar wohlwollend, aber nicht unverdient – hochklassig eingestuft haben. Bei dem vorliegenden Thriller aus Spanien ist Paulo zwar nicht als Regisseur tätig gewesen, sondern hat lediglich das Drehbuch verfasst. Doch allein aufgrund seiner bisherigen Erfolge möchte man auch dem Regie-Debüt von Filmemacherin Mar Taragona eine Chance geben.
Zu Beginn des Films sehen wir den Jungen VÃctor (Marc Domènech) blutend, verstört und orientierungslos über eine Landstraße wandeln. Der gehörlose Sohn der erfolgreichen Anwältin Patricia de Lucas (Blanca Portillo) wird auf die Polizeiwache gebracht, wo er mithilfe seiner Mutter berichtet, er sei von einem Unbekannten entführt worden und anschließend sei ihm die Flucht gelungen. Aufgrund der Aussagen VÃctors kann zügig ein Phantombild des – vermeintlichen – Entführers erstellt werden. Allerdings soll sich schon bald herausstellen, dass hier nicht alles so klar ist, wie es zunächst scheint. Anwältin Patricia, die auch vor der Unterwelt nicht zurückschreckt und bereit ist, zur Selbstjustiz zu greifen, verliert bald die Kontrolle und manövriert sich immer tiefer ins Schlamassel …
Wie wir es von Oriol Paulo nun schon gewohnt sind, empfiehlt es sich, auch diesen Film so ahnungslos wie möglich zu schauen, weshalb wir uns hier mit dieser kryptischen Inhaltsangabe begnügen wollen. Es sei noch der Hinweis erlaubt, dass der Film trotz des vermeintlich klaren Titels und der obigen Zusammenfassung nicht primär von einer Kidnapping-Story handelt.

Patricia (Blanca Portillo) mit ihrem kleinen Sohn Victor (Marc Domènech) in „Boy Missing“ (Copyright: Koch Media / OFDb Filmworks)
Thematisch erinnert die Inszenierung von Regisseurin Mar Taragona – zumindest ein wenig – an die Werke der Coen-Brüder (neulich: „Suburbicon – Willkommen in der Nachbarschaft“ von Regisseur George Clooney nach deren Originaldrehbuch), da auch hier das Leben der Leitfigur schlagartig durch eine falsche Entscheidung, die eine gefährliche Kettenreaktion in Gang setzt, zu einem Albtraum gerät. Der hiesige Thriller vermag abermals mit einem gelungenen Twist am Ende die Erwartungen des Publikums zu durchkreuzen.
Allerdings ist der Thriller ganz sicher kein „Der Unsichtbare Gast“. Nicht annähernd so viele überraschende Drehungen und Wendungen bringt er mit sich und auch der Weg zur Auflösung der Story ist nicht annähernd so packend inszeniert. Vom Niveau her sind wir hier weniger beim Außergewöhnlichen und gefühlt mehr bei einem soliden Fernsehkrimi, den man nicht abschalten möchte, weil man doch wissen will, wie er endet.
Wer die bisherigen Werke von Oriol Paulo mochte, dem sei „Boy Missing“ aber dennoch – vorsichtig – für einen entspannten Abend auf der Couch empfohlen.
Trailer
Inhalt
Das Leben der erfolgreichen Anwältin Patricia de Lucas wird schlagartig zum Alptraum, als ihr Sohn VÃctor spurlos von der Schule verschwindet. Doch einige Stunden später taucht VÃctor bereits wieder auf: Ziellos und weitgehend unverletzt umherirrend wird er auf offener Straße gefunden. Mit Hilfe seiner Mutter berichtet der taubstumme Junge, dass er von einem Unbekannten entführt wurde und ihm die Flucht gelungen ist. Schnell stellt sich allerdings heraus, dass manche Dinge nicht so sind wie sie scheinen. Patricia droht allmählich die Kontrolle zu verlieren, denn der Fall nimmt unerwartete und zunehmend gefährliche Wendungen …
(Quelle: Koch Media)
Details
Sprache: Deutsch (PCM2 .0), Deutsch (Dolby Digital 2.0), Englisch (PCM2 .0), Englisch (Dolby Digital 2.0)
Untertitel: Englisch, Deutsch
Region: Region B/2
Bildseitenformat: 16:9 – 1.77:1
FSK: Freigegeben ab 16 Jahren
Studio: Koch Media GmbH / OFDb Filmworks
Erscheinungstermin: 22.03.2018
Produktionsjahr: 2016
Spieldauer: 106 Minuten
Extras:Â Trailer / Making Of / Interviews mit Cast & Crew / Bildergalerie
Copyright Cover: Koch Media
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