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18. Februar 2016

Interview: Waken Eyes

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Verfasst von: Tim
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Waken Eyes haben im vergangenen Jahr das vielleicht beachtlichste Prog-Metal-Debüt des Jahres herausgebracht. Mit „Exodus“ konnte die Truppe sowohl die Metal-Szene als auch die schreibende Zunft überzeugen. Grund genug, Tom Frelek, dem kreativen Kopf der Truppe, mal auf den Zahn zu fühlen.

Im heutigen Interview sprach ich mit dem Kanadier über Songwriting, den Stellenwert von Musik und die Frage, ob es für uns als Gesellschaft noch Hoffnung gibt. Um es vorweg zu nehmen: Ja, es gibt sie!

Tim: Hallo Tom! Vielen Dank, dass du dir Zeit nimmst, um mit uns über das aktuelle Album von Waken Eyes zu sprechen. Ich hoffe, es geht dir gut?

Tom Frelek: Ich habe zu danken! Es geht mir sehr gut!

Tim: Während wir miteinander sprechen, nimmt das neue Jahr so langsam an Fahrt auf. Lass uns aber nochmal kurz auf 2015 schauen. Für dich war es geprägt durch das Release eures Debütalbums. Wie bewertest du das vergangene Jahr als Musiker?

Tom Frelek: Ich glaube, 2015 war ein großartiges Jahr aus musikalischer Sicht. Es gab viele großartige Alben. Meine Highlights waren Soilwork, Jorn Lande und Pyramaze.

Für mich persönlich war es natürlich viel Arbeit, das Waken Eyes Debütalbum rechtzeitig fertig zu kriegen, aber es hat ja alles gut geklappt!

Tim: Als ich Waken Eyes für mich entdeckt habe, sind mir als erstes die anderen Musiker aufgefallen, die allesamt bei etablierten Acts wie Symphony X, Aristocrats oder Joe Satriani mitmischen. Obwohl du derjenige bist, der die ganze Musik schreibt, stellst du dich nicht im Stile eines Frontmanns in den Vordergrund. Wie würdest du deine Rolle bei Waken Eyes beschreiben?

Das Album würde bei Weitem nicht so klingen, wenn ich nicht Henrik, Mike und Marco gehabt hätte.

Tom Frelek: Ja, so komme ich wohl rüber! Und das, obwohl ich mich meistens um die Interviews und Videos kümmern muss, haha.

Es ist schon richtig, dass ich die kompletten Songs geschrieben habe, aber das Album würde bei Weitem nicht so klingen, wenn ich nicht Henrik, Mike und Marco gehabt hätte. Ihnen gebührt genauso die Anerkennung.
Ich selbst sehe ich mich eher als ein Produzent und Songwriter von Waken Eyes, der vom Komponieren bis zum Mastering alles im Blick hat.

Tim: Und das Scouting wahrscheinlich auch, oder? Kanntest du alle Musiker, die auf dem Album mitgewirkt haben, schon vorher oder musstest du Kaltakquise betreiben?

Tom Frelek: Ich kannte sie schon alle durch die hervorragende Arbeit, die sie in anderen Bands gezeigt haben, aber die Initiative kam schon von mir.
Ich habe alles als Demo aufgenommen, sie haben es sich reingezogen und glücklicherweise alle zugesagt. Zum Glück! Ich hätte mir wirklich nicht vorstellen können, bei den Aufnahmen auch noch am Schlagzeug zu sitzen, haha!

Tim: Mitglied einer Supergroup zu sein, ist sicherlich für jeden von euch eine Herausforderung an den eigenen Terminkalender. Erzähl doch mal, wie ihr das beim Songwriting und vor allem bei den Aufnahmen unter einen Hut kriegen konntet.

Cover "Exodus" (Copyright: Ulterium Records)

Cover „Exodus“ (Copyright: Ulterium Records)

Tom Frelek: Der Aufnahmeprozess war nicht so lang für Marco (Minnemann, Drums, Anm. d. R.) und Mike (Lepond, Bass, Anm. d. R.). Sie haben nicht mal eine Woche gebraucht, bis die Aufnahmen im Kasten waren.

Ich hatte zum Glück den richtigen Zeitpunkt erwischt, kurz danach gingen sie nämlich mit ihren anderen Bands auf Tour, da habe ich echt Glück gehabt!

Bei Henrik (Båth, Sänger, Anm. d. R.) hat es etwas länger gedauert. Er war gesundheitlich ein wenig angeschlagen und so mussten wir hin und wieder aussetzen, weil seine Stimme nicht mitmachen wollte.

Tim: Du hast schon angesprochen, dass die Musiker viel durch die Welt touren mit ihren anderen Bands. Habt ihr denn auch Pläne, mit Waken Eyes live zu spielen?

Tom Frelek: Ja, wir haben uns Gedanken gemacht, wie das funktionieren kann. Auf jeden Fall würde es sehr teuer werden, denn wir sind ja über die ganze Welt verteilt. Und das Timing könnte schwierig werden, denn die Jungs haben ja jeweils noch ihre andere Band. Wir müssen einfach abwarten. Aber wenn es sich finanzieren lässt, werden wir sicher das eine oder andere Festival oder auch ein paar Einzelshows spielen.

Tim: Auf „Exodus“ präsentiert ihr sowohl progressive und vielschichtige Songs als auch sehr intensive und emotionale Musik. Dies ist aus meiner Sicht die Gleichung, wo andere Bands sich oft verrechnen. Wie schaffst du es beim Songwriting, die Balance zwischen Technik und Emotion zu halten?

Tom Frelek: Von Natur aus stehe ich erstmal eher auf komplizierte Riffs und habe komplizierte Ideen; das liegt an meinem musikalischen Background. Aber im zweiten Schritt nehme ich den Song dann mal unter die Lupe und überlege, wie ich ihn besser machen kann.

Ich tendiere immer dazu, die Gesangslinien und Gitarrenmelodien schon mal aufzunehmen und mir anzuhören, wie es klingen kann. Ich habe das zu einem bestimmten Zeitpunkt im Recording Prozess mal gemacht, um sicher zu sein, dass das Album nicht nur ein einziges langes Geschredder wird.

Und zu guter Letzt bin ich knallhart und ehrlich mit mir selbst. Wenn die Songs mich nicht packen, dann ändere ich sie oder schmeiße sie raus. Füllsongs braucht nun wirklich keiner. Die Songs müssen ehrlich sein und Tiefe haben!

Tim: Wow, du machst dir ja wirklich viele Gedanken beim Schreiben der Songs. Leider ist das bei vielen Hörern heute nicht mehr so. Während die Masse an Musik, die wir konsumieren, immer weiter steigt, nimmt die Aufmerksamkeit, die wir einem bestimmten Album entgegenbringen, immer mehr ab. Für viele ist Musik nur noch Entertainment. „Exodus“ ist ein Konzeptalbum, das Zeit braucht, um seine komplette Schönheit zu entfalten; der Titeltrack ist fast 20 Minuten lang. Hast du manchmal Angst, dass du die Leute damit überforderst oder sie sich nicht die Zeit nehmen könnten, die man für so ein Album braucht?

Tom Frelek: Nachdem das Album fertig war, habe ich genau das gedacht, haha!

Ich würde nichts schreiben wollen, was nicht von Herzen kommt.

Es ist wirklich traurig, dass die Leute sich heute nicht mehr so mit Musik beschäftigen wie früher. Da kommt man schon ins Nachdenken und muss kreativ werden. Aber so sieht die Realität nun mal aus.
Manchmal brauchst du fünf oder sechs Alben, bis ein Fan sich auch mal dein erstes Album anhört. Aber weißt du: Ich mag lieber Feinkost anstatt Fast Food. Und ich würde nichts schreiben wollen, was nicht von Herzen kommt.

Ich kann nur hoffen, dass die Leute unser neues Album als eine Reise verstehen, die man als komplettes Werk hören sollte. Ich habe diese Songs über 1000 mal gehört und finde sie immer noch großartig. Ich hoffe, die Fans sehen das ähnlich!

Tim: Da bin ich mir sicher! Lass uns zum Abschluss des Interviews doch noch einmal zu der Reise kommen, die du eben angesprochen hast. Diese emotionale Reise gehört ja auch zum textlichen Konzept, das von Freiheit und Furchtlosigkeit handelt. Mir kommt es so vor, als hielte jeder Song ein helles Licht am Ende des Tunnels bereit. In den vergangenen Monaten sind nun in unserer Welt viele Dinge im Gange. Durch die Terroranschläge von Paris ist die Freiheit vielerorts einer subtilen Angst gewichen. Sag uns doch mal: Wie viel Licht am Ende des Tunnels siehst du für uns als Gesellschaft?

Tom Frelek: Oh, das ist schwer zu sagen. Ich glaube, ob am Ende des Tunnels Licht oder Dunkelheit wartet, liegt wohl hauptsächlich daran, wie wir die Situation bewerten.

Das einzige, wovor man Angst haben sollte, ist die Angst selbst.

Wenn man darüber nachdenkt, passieren schreckliche Dinge auf der Welt und dies schon seit Jahrhunderten. Es gibt genügend Leute und Organisationen, die Interesse daran haben, dass „die Welt“ den Bach runter geht und meistens ist die Motivation dahinter, die Massen zu steuern oder zu demoralisieren.

Ich glaube, wir selbst können das Licht am Ende des Tunnels sein, wenn wir nicht aufgeben und hart daran arbeiten, uns die verlorene Freiheit wieder zu holen.

Ob die Zeiten besser werden, ist dennoch eine schwere Frage. Aber wie ich es schon unzählige Male auf „Exodus“ gesagt habe: „Das einzige, wovor man Angst haben sollte, ist die Angst selbst.“

Tim: Was für wahre Worte! Dem ist wohl nichts mehr hinzuzufügen!

Video

Details

Waken Eyes – Homepage
Waken Eyes – Facebook

Copyright Artikelbild: Waken Eyes



Über den Autor

Tim
Je länger man kaut, desto süßer das Brot!




 
 

 

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