Unsere Geschichte mit der Band Das Niveau ist eine Geschichte voller Missverständnisse. So würde diese Einleitung wohl beginnen, wenn wir Werbetexter wären, sind wir aber nicht. Fakt ist, dass es insgesamt drei Versuche gebraucht hat, bis dieses Interview endlich zustande gekommen ist.
Beim ersten Interview mit den beiden Musikern war die Aufnahmequalität zu schlecht, um das Ganze abtippen zu können. Beim zweiten Versuch hat das Aufnahmegerät nicht aufgenommen und auch der dritte Versuch, dieses hier zu lesende Telefoninterview mit Martin, ging nicht ohne Pannen vonstatten. Aber lest selbst.
Martin: Hallo, hier ist Martin von Das Niveau, zum 27. Mal im Interview mit Stefan vom DeepGround Magazine, weil seine Technik mal wieder nicht funktioniert hat. Mittlerweile habe ich die Befürchtung, dass es mutwillig ist, weil er Das Niveau nicht mag. Er tut immer nur so, als wolle er tolle Interviews mit uns führen, drückt aber nie auf Aufnahme. Hinterher sagt er dann immer „Ach, das war aber ein tolles Gespräch!“ und „Oh, schade, es hat leider nicht aufgenommen.“
Nein, Spaß beiseite: Hallo. Hoffentlich nimmt es diesmal auf.
Stefan: Ich nehme dann die Fragen vom MPS einfach nochmal, oder?
Martin: Ja, bitte. Aber vielleicht sollten wir den Lesern kurz sagen, dass wir auf dem MPS in Karlsruhe Ende Juli ein Interview geführt haben, das ziemlich toll war, aber dein Aufnahmemedium irgendwie abgekackt hat.
Stefan: Das ist richtig, ich habe versagt.
Martin: Nein, es war die Technik. Dein Smartphone hat versagt. Hast du ein Samsung?
Stefan: LG.
Martin: Tja, mit Apple wäre das nicht passiert. Und wieder 50€ auf meinem Konto. (lacht)
Stefan: Vor kurzem erschienen zeitgleich die Alben „Reste von morgen – Live“ und „Niveausiationen I“. Warum habt ihr die CDs nicht als Doppelalbum veröffentlicht?
Martin: Die Live-CD ist ja schon ein Doppelalbum. Die erste CD ist unser neues Programm, das wir in Nürnberg aufgenommen
haben, das gut unsere Mischung aus Musik und improvisierter Comedy zeigt. Und die zweite CD beinhaltet die Songs, die wir auf dem Konzert in Nürnberg nicht gespielt haben, die wir aber auf dem Album haben wollten. Die Niveauisationen sind hingegen eine Sache für sich. Bei jedem Livekonzert spielen wir ja eine. Wir lassen uns vom Publikum eine Tonart und einen Titel geben und spielen dann drauf los. Die wollten wir gesammelt veröffentlichen, denn die „Eins“ im Titel lässt ja schon vermuten, dass es der Beginn einer Reihe ist.
Stefan: Hast du einen Favoriten? Welche der beiden Platten gefällt dir persönlich am besten?
Martin: Die „Reste von morgen – Live“. Das ist ein komplettes Programm voller improvisierter Stand-up-Comedy mit Musik, das sich thematisch mit ernsten Themen wie unter anderen Nationalsozialismus, Rassismus, dem Papst, Hitler (und Sörens Penis) beschäftigt. Ich finde, dieses politische Programm haben wir über die Jahre gut entwickelt und ich bin froh, dass wir jetzt mit „Reste von morgen – Live“ diese Mischung veröffentlicht haben. Das letzte Live-Album „Woniniwowa“ fand ich gut, aber ich fand es nicht stark. Wir sind damals als Anheizer-Gang für Saltatio Mortis getourt und haben auf dieser Tour die CD aufgenommen. Da wir aber
pro Show nur 40 Minuten hatten, konnten wir nie das Programm spielen, welches wir eigentlich spielen wollten. Und das haben wir eben jetzt mit der „Reste von morgen – Live“ veröffentlicht. Daher ist die Platte auch ganz klar der Favorit.
Stefan: Ihr habt kein Major-Label im Rücken und schwimmt nicht in Geld. Wie schafft ihr es trotzdem, solche Produktionen zu stemmen?
Martin: Wir haben ein Major-Label im Rücken und zwar in Form unserer Fans.
Wir hatten durchaus schon zwei oder drei Anfragen von größeren Labels, die uns unter Vertrag nehmen wollten, aber wir haben immer wieder abgesagt, weil wir wissen, dass wir selbst viel besser wissen, was wir für Comedy und für Musik machen wollen. Erfolg hat das vor allem deswegen, weil es diese vielen tausend Leute gibt, die Bock auf Das Niveau haben, genau so, wie wir es eben machen, und die uns so vertrauen, dass sie uns – wie zum Beispiel im letzten Jahr zum Crowdfunding von „Rockt!“ – Geld geben. Und zwar so viel Geld, dass wir uns in allen möglichen Richtungen ausprobieren, ein Musikvideo drehen, ordentliche Promo machen und auch das teure Anziehpuppen-Cover gestalten können. Wir sind am Ende ganz happy darüber, dass wir kein Label im Rücken haben, sondern unsere Fans. Wir als Künstler wissen am besten, wie unsere Platten klingen sollen und welche Jokes wir machen wollen, und die Fans wissen das umso mehr zu schätzen: dass da jemand mit ihnen zusammen und für sie Kunst produziert.
Stefan: Hättet ihr damals, als ihr beschlossen habt, als Das Niveau aufzutreten, geglaubt, dass es mal so groß wird?
Martin: Nein, weil wir ja zuerst gar nicht aufgetreten sind. Wir haben uns auf einem Liverollenspiel kennengelernt. Für die, die nicht wissen, was das ist: Man rennt „Herr der Ringe“-mäßig verkleidet durch den Wald und haut mit Schaumstoffwaffen aufeinander ein, ganz minimalistisch ausgedrückt. Wir haben uns da getroffen, uns gemocht, dann immer mal wieder ein Bierchen zusammen
getrunken und irgendwann angefangen, für YouTube Videos aufzunehmen.
Wir hatten zunächst gar nicht geplant, damit irgendwie aufzutreten. Sören hatte dann irgendwann die Idee, dass man ja zwei oder drei Auftritte im Jahr machen kann, aber eigentlich war es nur ein CD-Projekt. Im Grunde zwei Jungs, die im Wohnzimmer sitzen, ein Weizen trinken und dabei noch ein Video aufnehmen.
Dass dann plötzlich nach dem zweiten Auftritt der Veranstalter des Mittelalterlich Phantasie Spectaculums auf uns zu kam und uns sagte, dass er das geil fand und wir – wenn wir Bock haben – im folgenden Jahr die komplette Saison spielen können, war nicht abzusehen.
Das Angebot kam glücklicherweise zu einem Zeitpunkt, zu dem sowohl Sören als auch ich nicht wussten, in welche Richtung es beruflich weitergehen sollte. Sören war gerade aus seiner Band ausgestiegen und auf der Suche nach einem neuen Musikprojekt, ich hatte zu dem Zeitpunkt gar kein Musikprojekt, zweieinhalb Jahre zuvor meinen Uniabschluss gemacht und war – nach unzähligen Praktika, Hartz IV, Kellnern und Barkeepen – ohne Job. Wir beide dachten natürlich: „Was für Idioten wären wir, wenn wir das jetzt nicht annehmen würden?“
Trotzdem war uns nicht im Ansatz klar, dass es sich soweit entwickeln würde. Es ist nach wie vor ziemlich unbegreiflich, dass wir so viele Leute erreichen, so dass wir im letzten Jahr mit dem Crowdfunding für das Album und die Tour knappe 50.000€ einnehmen konnten. Ohne selbstverliebt klingen zu wollen – wir finden schon, dass Das Niveau ein gutes Produkt ist. Es ist aber dennoch schwer zu begreifen, dass das in so kurzer Zeit so steil gegangen ist.
Stefan: Das MPS habt ihr ja quasi schon unterjocht, ihr seid ja schon Inventar des MPS…
Martin: Unterjocht, naja. Ich glaube, du meinst unterwandert, oder?
Stefan: Ja, oder unterwandert. Auf jeden Fall seid ihr ständig da und sorgt für Begeisterung.
Im letzten Jahr habt ihr zudem auf dem Summer Breeze gespielt. Wo soll die Reise noch hingehen? Gibt es noch große Veranstaltungen, wo ihr unbedingt einmal spielen wollt?
Martin: Du hast gerade gesagt, dass wir ständig auf dem MPS sind, das stimmt so nicht ganz. Wir sind in diesem Jahr nur noch auf weniger als der Hälfte der MPS-Termine aufgetreten.
2011, 2012 und 2013 sind wir ja wirklich sämtliche Termine mitgefahren.
Das Niveau hat sich aber seit dem Release der letzten beiden Studio-Alben immer weiter in Richtung politischen Humor und aktueller Themen entwickelt und passt dadurch immer weniger gut in ein Mittelalterfestival wie das MPS hinein. Also geht die Reise in Richtung Mainstream-Publikum, und das meine ich im besten Sinne: Wir passen auf Pop-, Rock- oder auch Metal-Festivals, wie zum Beispiel das Summer Breeze, genauso wie auf Volks- oder Stadtfeste. Wir könnten auch auf einem Schlager-Fest spielen. Solange es keine thematische Eingrenzung gibt, funktionieren wir überall. Comedy funktioniert überall.
Stefan: Eure Texte sind ja vordergründig durchaus amüsant, aber ihr transportiert immer auch eine Botschaft. Wie wichtig ist euch das?
Martin: Wäre uns das nicht wichtig, würden wir es nicht machen. Wir sind aber nicht Hagen Rether oder Volker Pispers, wir machen kein politisches Kabarett und erzählen die ganze Zeit nur, wie kacke es im Land oder der Welt läuft, sondern wir sind Entertainer und Musiker. Das heißt, dass wir unsere politischen Botschaften irgendwie verpacken müssen. Das machen wir, indem wir sie der Comedy auf den auf den Rücken schnallen.
Ich glaube, es ist am Ende das Erfolgsgeheimnis von Das Niveau, dass wir in vielen Bereichen diese Zweigeteiltheit praktizieren. Sei es auf der Bühne, wo Sören der good cop ist und ich der bad cop bin, oder Sören ein bisschen der Prollo und ich der Intellektuelle, oder eben – und damit kommen wir auf Humor und Texte – dass der „Pipi-Kacka“-Humor genauso eine Rolle spielt wie Aufklärung, Meinungsfreiheit oder Anti-Faschismus.
Ich kann auch hier nur wieder meinen Atheismus betonen: Ich glaube nicht daran, dass ich eine zweite Chance bekomme, wenn ich tot bin, sondern dass dann Sense ist. Das bedeutet, dass ich die Zeit, die ich hier auf der Erde habe, so gut wie möglich nutzen möchte. Und so gut wie möglich nutzen heißt für mich, dass meine Kunst die Leute wenn nicht verändert, dann doch zumindest dazu anregt, über ihr Leben nachzudenken und sich bewusst zu werden, dass das eigene Handeln Folgen hat, und dass man darüber nachdenken sollte, ob man mit diesen Folgen cool ist.
Stefan: Muss man die Botschaften, die ihr transportiert, verstehen, um euch zu mögen?
Martin: Offensichtlich nicht. Wir haben immer wieder – und das finde ich ein bisschen schade – Leute vor der Bühne, die einfach nur „Ficken! Ficken!“ grölen und das sind dann offensichtlich Menschen, die das nicht verstehen.
Wir haben aber definitiv – und das merken wir vor allem bei unseren eigenen Tourneen – immer häufiger Leute, die durchaus in der Lage sind, zwischen den Zeilen zu lesen und die verstehen, dass wir eben keine Künstler sind, die immer nur von Saufen und Ficken singen, sondern dass in unseren Songtexten Sinn enthalten ist, den man herauslesen muss. Oder kann.
Aber es ist im Entertainment generell so, dass man vom Rezipienten nicht erwarten kann, dass er diese Botschaften empfängt. Er kann sich ja auch einfach nur unterhalten lassen. Ich finde es zwar schade, aber deswegen jetzt frustriert zu sein, hilft auch nicht. Wir machen das, worauf wir Bock haben, und was der Rezipient am Ende damit macht, haben wir nicht unter Kontrolle.
Stefan: Vorhin hast du ja das Thema „Crowdfunding“ angesprochen. Ihr habt auf diese Art das Album „Rockt!“ finanziert. Was sind in deinen Augen die Vor- und Nachteile von Crowdfunding?
Martin: Es gibt keine Nachteile. Wenn – das ist so bei Startnext, der Plattform, über die wir unser Crowdfunding gemacht haben – ein Projekt nicht zustande kommt, bekommen die Leute ihr Geld zurück.
Die einzige Voraussetzung – kein Nachteil – ist, dass man bei Musikprojekten eine Community, also Fans, haben sollte. Wenn einen keiner kennt, unterstützt auch niemand das Projekt.
Aber da sind wir – ich komme immer wieder darauf zurück – gesegnet durch die Tatsache, dass wir einfach so viele Fans haben. Ich habe es eben schon gesagt: Wir haben und wollen kein Major-Label und solange es Menschen da draußen gibt, zu denen wir sagen können, dass wir Platte A oder Tour B auf die Beine stellen wollen und die uns dann Geld geben, weil sie uns vertrauen, dass wir das schon richtig machen werden, ist Crowdfunding der perfekte Weg.
Stefan: Tour ist ein gutes Stichwort. Eure Tourneen laufen ja auch relativ unkonventionell ab. Ihr kündigt Konzerte an und sagt „Wenn X Tickets – ich meine es waren 100 – pro Konzert verkauft sind, findet dieses statt“. Wie kamt ihr auf diese Idee und wie läuft das ab?
Martin: Du hast gerade Tourneen gesagt, das stimmt so nicht. Wir haben unsere letzte Tour im Herbst 2013 so stattfinden lassen.
Wir haben damals erst einmal über Facebook Umfragen gemacht und unsere Fans gefragt, in welchen Städten sie uns sehen wollen. Diese Umfrageergebnisse haben wir unserem Booking gegeben und die haben Clubs gesucht, die bereit waren, einen Termin für zwei Monate zu reservieren. Denn es hätte ja sein können, dass das Crowdfunding nicht zustande kommt und der Termin ausfällt – so wie in Osnabrück und Leipzig.
Dieses Jahr haben wir – aufgrund des Erfolges im letzten Jahr – ganz klassisch eine Tour organisiert. Wir haben auch mehr Termine. Im letzten Jahr waren es elf, in diesem Jahr sind es 17 Konzerte – unter anderem zwei im Osten, eines in Gera und eines in Annaberg und wir sind gespannt, wie es läuft.
Noch geht der Vorverkauf nicht wirklich schnell voran, was mit zwei, drei verschiedenen Sachen zusammenhängt. Die meisten Leute kaufen ihre Tickets generell erst kurz vorher, weil sie so früh noch gar nicht wissen, ob sie da überhaupt Zeit haben, und oft bekommen sie leider gar nicht mit, dass wir auf Tour sind. Daher hier mein Aufruf:
„Ihr Lieben, wir sind im Oktober in 17 Städten auf Tour, ihr könnt auf eventim.de, auf extratix.de und an allen bekannten Vorverkaufsstellen unsere Tickets kaufen. Macht das und kommt vorbei, es wird ganz schnieke.“
Stefan: Um nochmal auf das Thema Fans zurückzukommen: Ihr plant ja immer noch ein Video mit Beteiligung der Fans. Ihr habt einen Aufruf gestartet, dass die Fans euch Clips schicken sollen und ihr daraus dann ein Video macht. Bisher hat man noch nichts gesehen. Wie läuft es und wie lange dauert es noch?
Martin: Wir haben keine zeitliche Begrenzung. Auch, weil das Feedback bisher eher mau war. Wir haben daher vor kurzem einen neuen E-Mail-Newsletter rausgeschickt. Da Facebook Posts von Künstlerseiten den Leuten oft nur dann in der Timeline zeigt, wenn der Künstler dafür Geld bezahlt, mussten wir diesen old school Weg gehen. In diesem Newsletter haben wir nochmals aufgerufen, dass die Leute uns Material zuschicken sollen, damit wir das Video produzieren können.
Ich kann an dieser Stelle auch nur nochmal sagen: „Ihr seid Das Niveau, liebe Fans. So heißt übrigens auch der Song, zu dem wir das Video machen, „Liebe Fans“. Also schickt uns Videoschnipsel, macht euch lächerlich, verkleidet euch oder tanzt rum. Macht lip sync, macht den ganzen Song, macht nur einen Ausschnitt – aber ohne euer Material wird es halt nichts. Also ‚bitte, bitte, bitte mit Zucker obendrauf, machen Sie das Scheiß Auto sauber!’ – um noch ein Zitat unterzubringen.“
Stefan: Gerade auf der Bühne geht ihr recht eigen mit euren Fans um. Du bist zum Beispiel bekannt dafür, dass du auch gerne mal rumpöbelst. Ging dieses Verhalten schon mal richtig nach hinten los?
Martin: Nein, obwohl es durchaus immer wieder Leute gibt, die mir sagen, dass ich ja gar nicht so schlimm bin wie auf der Bühne. Ich habe die Erfahrung gemacht – und das finde ich ein kleines bisschen traurig – dass man den Leuten beibringen muss, dass man
auf einer Bühne steht, dass man also eine Rolle spielt. Ich bin privat kein Pöbelarschloch, das die ganze Zeit die Leute disst und fertig macht. Das ist eine Rolle, die sich irgendwie ergeben hat. Wir haben festgestellt, dass es auf der Bühne gut funktioniert, wenn Sören und ich Gegenparts abbilden. Und da habe ich nun mal den Part des bad cop, der die ganze Zeit Druck ausübt und rumpöbelt. Der liegt mir. Sören spielt den good cop, den entspannten Typen.
Nachdem dies ja ohnehin schon der insgesamt dritte Versuch eines Interviews mit Das Niveau ist, ist zu allem Überfluss zu diesem Zeitpunkt auch noch mein W-Lan zusammengebrochen. Ich habe also Martin erneut angerufen, um das Ganze endlich einmal zu beenden und ein vorzeigbares Ergebnis zu bekommen. Unendlich peinlich sowas.
Martin: Wenn ich das jetzt nicht kommentiere, bekommen die Leute gar nicht mit, dass während dieses Interviews dein – und du tust jetzt so, als wäre es passiert, dabei hast du einfach die Aufnahme ausgemacht – W-Lan-Adapter abgestürzt ist. Ja, Ja!
Stefan: Das ist tatsächlich passiert …
Martin: Ich glaube dir kein Wort. Das ist das letzte Mal, dass wir mit dem DeepGround Magazine zusammengearbeitet haben. Das nächste Mal muss ein vier- oder fünfstelliger Eurobetrag fließen, bevor wir uns darauf einlassen. (lacht)
Stefan: Weiter geht es. Gibt es eine denkwürdige Anekdote, die ihr mit unseren Lesern teilen wollt? Bei unserem Interviewversuch auf dem MPS habt ihr diese wundervolle Hotelgeschichte erzählt.
Martin: Wir waren auf Tour in Oberbayern. Wir spielten auf dem MPS in Maxlrain und waren in einem eher ländlichen Gasthof untergebracht. Sören hatte seine Freundin mit auf dem Zimmer, ging morgens aufs Gelände rüber und wurde von einer der in diesem Gasthof arbeitenden Damen angesprochen, weil er seine MPS-Gewandung trug. Sie fragte, wo er denn hingehe und er sagte, dass wir auf dem Mittelalterfestival Musik machen. Daraufhin sagte sie: „Ach, sie machen Musik? Dann haben sie doch bestimmt auch im Fernsehen gesehen, dass unser Papst – endlich mal ein bayrischer Papst – ja auch mit Musik empfangen wurde.“. Er sagte, dass er es noch nicht gesehen habe und sie betonte, dass er das unbedingt nachholen solle.
Während diese Frau also auf Sören einredete, wie toll der Papst sei, kam eine andere – ich glaube sogar, dass es die Hotelchefin war – um die Ecke und meinte: „Wer war das denn eigentlich gestern von ihnen, der da eine Frau mit auf dem Zimmer hatte? Das sehen wir hier nicht so gern!“
Sören hat sich hinterher saumäßig geärgert, dass immer, wenn man die Schlagfertigkeit braucht, sie nicht da ist. Er hätte gerne etwas gesagt wie: „Eine Frau? Nein, wir sind beide schwul.“ oder „Wir haben beide eine Frau mit auf dem Zimmer gehabt.“ Er hat aber dann gesagt: „Das war dann wohl ich. Das war aber auch ein Notfall, sie hatte eigentlich irgendwo anders übernachten wollen, das hat aber nicht geklappt und da habe ich gedacht, bevor sie irgendwo draußen pennen muss, kann sie mit auf unser Zimmer.“ Und dann sagte die Chefin eiskalt: „Na, wie ein Notfall hat sich das aber nicht angehört.“
Sören war sprachlos, weil das so hardcore indiskret war. Wir haben für die Zimmer bezahlt, es geht sie einen Scheißdreck an, ob wir da jetzt eine satanische Messe feiern, Sex haben oder eben eine Freundin unterbringen, damit die da übernachten kann. Zumal Sören und seine Freundin gar nichts gemacht haben, was man hätte hören können.
Stefan: Was erwartet uns zukünftig von Das Niveau? Gibt es schon Pläne, über die du sprechen kannst?
Martin: Ja, es gibt schon Pläne, aber wir wollen noch nicht so richtig was verraten. Es könnte aber durchaus sein, dass es in naher Zukunft ein YouTube-Talk-Format mit Das Niveau gibt.
Ansonsten sind wir – Werbung, Werbung! – im Oktober und November auf Tour, songmäßig aber passiert gerade noch nicht so viel. Ich arbeite zwar gerade an einem Song über diesen Festivalausruf „Helga“, den wir auch in Köln auf dem MPS kurz angespielt haben, aber noch ist nicht genug Material für ein neues Album da.
Das liegt ganz einfach daran, dass momentan neben Das Niveau viel passiert. Sören wird wahrscheinlich im nächsten Jahr sein nächstes Soloalbum aufnehmen, außerdem arbeitet er wegen des erfolgreichen Crowdfundings unseres letzten Studioalbums jetzt als Berater für Crowdfunding, das heißt, seine Zeit für Das Niveau ist ein bisschen knapper.
Und ich schreibe an meinem vierten Buch, nehme für mein im September erscheinendes drittes Buch ein Hörbuch auf und recorde bereits Songs für das nächste Vorband-Album. Einen ersten habe ich gerade fertig, den werde ich in den nächsten Tagen veröffentlichen: Meine Liebeserklärung an den schönsten Club der Welt, das Hamburger „Molotow“.
Stefan: Dann kommen wir jetzt zu meinen – von dir als wenig innovativ bezeichneten – keywords …
Martin: Du kannst dich nicht die ganze Zeit auf das Interview beziehen, von dem die Leute, die das jetzt hier lesen, gar nicht wissen, dass es stattgefunden hat, Alter.
Stefan: Aber ich stehe doch zu meiner technischen Inkompetenz und werde sämtliche diesbezüglichen Hinweise einfach drin lassen.
Martin: Na gut. Keywords. Du sagst was und ich soll ne Assoziation dazu sagen?
Stefan: Genau.
Politik
Martin: Angela Merkel.
Philosophie
Martin: Ach du gute Güte. Ich hab gestern getrunken und bin ein bisschen verkatert, also ist das grad eigentlich eine ganz, ganz beschissene Idee. Okay: Was ist das gute Leben?
Musik
Martin: Formuliert für mich den Traum von Freiheit. Zu machen, was man will, sein zu lassen, was man will, zu lieben, zu küssen, zu tanzen, wie man will.
Internet
Martin: Internet vernetzt mich mit Niesenden-Panda-YouTube-Videos. Nein, Spaß. Es ist ein wundervolles Recherchetool und ein genauso wundervoller Zeitfresser.
Plattenfirmen
Martin: Waren mal richtig toll und wichtig, aber sind heute – wenn es um Majors geht – nur noch Produzenten von Mainstream-Musik. Indie-Plattenfirmen wie die wundervollen K&F Records aus Dresden oder Delikatess Tonträger aus Hamburg, die sind toll. Die nehmen Bands mit wundervoller Musik liebevoll auf und machen mit der Art von Hingabe die Art von Kunst, wie wir sie auch zu produzieren versuchen.
Freizeit
Martin: Wahnsinnig wichtig, um runterzukommen von kreativen Prozessen. Was sehr schwierig ist, da man als Freiberufler zwar immer Freizeit hat, aber auch immer arbeitet.
Reisen
Martin: New York City.
Fans
Martin: Unabdingbar wichtig. Und großartig.
Geld
Martin: Leider nötig. Zu wenig vorhanden.
Erfolg, das ist das letzte
Martin: Erfolg ist das Letzte. Ja, genau! Punkt! Nein, Erfolg heißt einfach nur, das zu machen, worauf man Bock hat, und genug Leute zu haben, die da genauso Bock drauf haben. Es muss keine fette Kohle oder ein großes Haus dabei rausspringen, Zufriedenheit ist tatsächlich die schönste Art von Erfolg. Wenn man macht, worauf man Lust hat und zufrieden damit ist, dass man es machen kann und es vielleicht noch eine Handvoll Leute gibt, die das gut finden.
Wir bedanken uns bei Das Niveau nicht nur für das sehr angenehme Gespräch, sondern auch und vor allem für die Geduld, die sie mit uns hatten!
Video
Kurzbio
Das Berliner Comedy-Folk-Duo Niveau ist ein bisschen wie Roulette. Man kann ein noch so ausgeklügeltes System haben, voraussehen, wo die Kugel landet, kann man nicht.
Wenn Martin Spieß und Sören Vogelsang mit ihrer Mischung aus Folk-Musik und improvisierter Stand-Up-Comedy die Bühne betreten, wissen nicht mal sie selbst, was passiert. Sie spielen ein Lied, unterhalten sich ein bisschen mit dem Publikum, improvisieren einen Song – sie lassen sich treiben, wie die Kugel im Kessel. Wo sie landet, ist nicht wichtig. Wichtig allein ist, dass die Kugel rollt.
Dabei streifen die beiden Berlin-Neuköllner Themen wie Schwulenrechte, Rassismus, illegale Downloads und Zensur, bedienen sich Helge-Schneider-artigem Nonsense und singen über Bärte, Griechenlands Staatsverschuldung und den Abschied von Steve Jobs. Und immer – um noch eine miese Floskel zu verwursten – singt für Sie Das Niveau.
In jedem Fall gilt: Der Kessel dreht sich, die Kugel rollt. Bitte, die Einsätze zu machen.
(Copyright: Das Niveau)
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Diskografie:
Lose Album (2010)
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Niveauisationen I (2014)
Reste von Morgen – Live (2014)