Review

Dass Zombies und Nazis gut und unterhaltsam kombinierbar sind, zeigte unlängst erst der Film „Bunker of the Dead“. Doch wie sieht es im Fantasy- und Horrorbereich mit Werwölfen und Nazis aus? Nach u.a. Rob Zombies Fake-Trailer „Werewolf Women of the SS“ (im Rahmen des Grindhouse-Double-Features von Quentin Tarantino und Robert Rodriguez) liefert der Roman „The Wolf’s Hour“ von Robert McCammon, der im Festa Verlag nun als Zweiteiler erschienen ist, eine weitere mögliche Antwort auf diese Frage.

Der Auftakt liegt mit „Wolf’s Hour: Die Verwandlung“ vor und jener führt die Leser in die Geschichte des Protagonisten Michael Gallatin ein.
Gallatin ist gleichsam Spion wie Werwolf und ebenso wie er diese beiden Seiten in sich vereint, vereint sein Schöpfer McCammon Historie mit Horror und Fantastik.

„Fantastischer Horror“ ist dann auch in all der Zweideutigkeit das, was der Autor seinen Lesern bietet. Und darüber hinaus bewegt er zu den Fragen „Wer sind die wahren Monster? Die Wölfe oder vielleicht doch die Menschen?“ sowie zu der Feststellung „Es ist der Fluch des Menschen, einen Verstand zu haben und nicht die Vernunft zu besitzen, ihn auch zu benutzen.“ („Wolf’s Hour“, S. 207)
Robert McCammon sorgt mit derlei philosophischen oder gesellschafts- und sozialkritischen Einschüben immer wieder dafür, dass der Leser über die reine literarische Unterhaltung hinaus die eigenen Gedanken einschaltet und dem Roman eine Spur Ernsthaftigkeit und Tiefsinnigkeit abgewinnt. Dies geschieht eher beiläufig und subtil, sodass der Inhalt zu keinem Zeitpunkt moralisch allzu aufgesetzt wirkt oder an seiner Homogenität verliert.

Inmitten der Geschehnisse des Jahres 1944 (bzw. die im Prolog beschriebene Zeit um 1940) platziert McCammon gelungen Rückblicke in die Vergangenheit der Hauptfigur. Die Geschichte des Protagonisten nimmt dadurch Form an, der Leser lernt ihn besser kennen und baut eine Beziehung zu ihm auf und gewinnt Einblicke in die lykanthropische Seite der Figur. Die dabei geschilderten Kämpfe oder Ereignisse bleiben auch dann noch spannend und fesselnd, wenn man den Ausgang bereits kennt oder vorausahnt. Dies schafft Robert McCammon sowohl durch einen flüssigen, schnell zu lesenden Stil sowie durch eine temporeiche Erzählweise.

Robert McCammon (Copyright: Stephanie Pfitzer)

Robert McCammon (Copyright: Stephanie Pfitzer)

Seine Gratwanderung zwischen blutigem Horror, werwölfischer Fantasy und geschichtsträchtigem Setting gelingt auf ganzer Linie und konzentriert sich dabei nicht – wie die meisten Werwolf-Romane – auf gängige Klischees.
Jede integrierte Figur bekommt ausreichend Platz für eine dem Plot angemessene Ausarbeitung, während sich die Rahmenhandlung authentisch und ohne Längen über die Seiten des Buches entfaltet.

Der Lesegenuss wird zudem durch die auch visuell gelungen in Szene gesetzte Kapiteleinteilung gefördert. Dass es bei den Festa-Veröffentlichungen nicht nur um gute Autoren und Inhalte geht, sondern den Verantwortlichen auch Optik und Haptik wichtig sind, ist Fans des Verlags zwar bereits bekannt, aber dennoch ein nennenswerter großer Pluspunkt, der hier seine Erwähnung finden soll.

Über die Entscheidung, die amerikanische Originalausgabe für die deutsche Erstveröffentlichung in zwei Bände aufzuteilen, kann man hingegen unterschiedlicher Meinung sein. Kritikwürdig ist dieses Vorgehen aber vor allem deshalb nicht, da man den ersten Band an passender Stelle beendet hat, die die Neugier auf den weiteren Verlauf der Handlung nur noch mehr anstachelt. Somit bleibt nach „Wolf’s Hour – Die Verwandlung“ auch der zweite Teil, „Wolf’s Hour – Berserker“, nicht lange Zeit auf dem Stapel der noch zu lesenden Bücher liegen.

Handlung

Wer sind die wahren Monster? Die Wölfe oder vielleicht doch die Menschen?

1944. D-Day steht kurz bevor. Für Nazideutschland wird die Luft immer dünner. Doch Hitlers Wissenschaftler arbeiten an einer geheimen Wunderwaffe, die die Invasion mit einem Schlag beenden könnte.
Die letzte Hoffnung der Alliierten liegt auf den Schultern eines Mannes: Michael Gallatin.
Er ist ein Meisterspion à la James Bond – und ein Werwolf!

Das zweibändige Epos über Michael Gallatin. Als Junge erlebt er den Mord an seinen Eltern mit und flieht in die russischen Wälder. Dort trifft er auf ein Werwolfsrudel – doch die Wölfe lassen das Menschenkind leben und weisen es in die Geheimnisse der Lykanthropie ein.

(Quelle: Festa Verlag)

Autor

Robert McCammons (geboren 1952 in Birmingham, USA) erster Roman „Baal“ erschien 1978. Bis 1992 folgten elf weitere, mit denen er einer der erfolgreichsten Autoren des Booms der US-amerikanischen Horrorliteratur wurde (von Ende der 1970er bis in die frühen 1990er Jahre).
Danach zog er sich ganz aus der Öffentlichkeit zurück. Erst seit 2002 erscheinen wieder neue Werke von ihm, u.a. „Speaks the Nightbird“, „The Five“, „The Border“ …

Robert McCammon – Homepage
Robert McCammon – Facebook
Robert McCammon – Twitter

(Quelle: Festa Verlag)

Details

Format: Paperback, Umschlag in Festa-Lederoptik
Veröffentlichung: 20.07.2016
Originaltitel: The Wolf’s Hour
Seitenzahl: 384
ISBN: 978-3-86552-418-8
Sprache: Deutsch
Verlagshomepage: Festa Verlag

Copyright Cover: Festa Verlag



Über den Autor

Conny
"Das Durchschnittliche gibt der Welt ihren Bestand, das Außergewöhnliche ihren Wert." - Oscar Wilde