Review
Tiere im Weltall
Die Spannungen und die machtpolitische Auseinandersetzung zwischen den USA und Russland sind immerwährend und aktuell ungebrochen. Vom Kalten Krieg über die Kuba-Krise, über den Zusammenbruch der Sowjetunion bis zum Angriff Russlands auf die Ukraine. Der Konflikt zwischen dem US-geführten Westen und Russland war schon immer ein solcher der politischen und gesellschaftlichen Gegensätze.
In der großen Ära der Raumfahrt wird der Wettstreit der Supermächte vor allem auf dem Rücken unserer tierischen Zeitgenossen ausgetragen. Mit der Hündin Laika schickt Russland im Rahmen der sowjetischen Mission Sputnik 2 im Jahre 1957 das erste Lebewesen gezielt in den Weltraum. Schockiert über den Vorsprung des Ostens schicken die USA 1959 das Totenkopfäffchen Miss Baker und den Rhesusaffen Able hinterher, um Boden gutzumachen.
In seiner fiktionalen Sci-Fi-Mystery-Geschichte „Primordial“ widmet sich Tausendsassa und Vielschreiber Jeff Lemire („Black Hammer: Visions 2“, „Robin & Batman – Der Weg zum Helden“) dem Schicksal der unfreiwilligen Raumfahrer und lässt sie unerwartet zur Erde zurückkehren.
Showcase
„Primordial“ ist vor allem eines: Eine Bühne und Präsentation der unglaublich kunstvollen Arbeiten des italienischen Ausnahmekünstlers Andrea Sorrentino („Gideon Falls 6: Das Ende“, „Batman: Die Maske im Spiegel 3“). Wenn der Zeichner die Hündin und Äffchen in seinem einzigartigen und unverkennbaren Stil ins Weltall schickt, dann sprengt das Ganze visuell jeglichen Rahmen. Ungewöhnliche Panel-Strukturen und komplex komponierte Seitenlayouts erinnern bisweilen an „2001: Odyssee im Weltraum“ und lassen – akzentuiert durch kraftvolle Farben – die Grenzen von Raum und Zeit, aber auch von Wirklichkeit und Fiktion verwischen. Hier wird eine solche Vielfalt und Bildgewalt visueller Schauwerte geboten, dass man sich daran kaum sattlesen kann.
Im Gegensatz dazu bleibt die Handlung von Lemire alles in allem recht dürftig und überschaubar.
Mit seinem fiktiven Rückblick auf die große Raumfahrtschau der 50er-Jahre setzt der Autor vor allem dem Tierschutz und der Leidens- und Empfindungsfähigkeit unserer tierischen Mitbewohner ein Denkmal und setzt symbolisch ein Zeichen für einen verantwortungsvollen Umgang mit allen Lebewesen. Insbesondere, wenn einer Hündin und zwei Affen eine Annäherung gelingt, die dem Menschen versagt bleibt. Hier findet sich die Grundaussage, dass der Zweck (Fortschritt der Menschheit) nicht stets die Mittel (Tierversuche / Missbrauch von Tieren) heiligt. Das gefühlvolle Buch ist ein Appell dahingehend, unnötiges Leiden von Tieren zu vermeiden.
Im Übrigen ist die Geschichte indessen kein sonderlich tiefschürfender Mystery-Thriller, sondern eher melancholische und sentimentale Unterhaltung.
Dass die Tiere im All zwar sprechen können, jedoch bloß in seltsam „abgehacktem Deutsch“, hat für die Story keinen Mehrwert und erweist sich angesichts der zahlreichen tierischen Dialoge vielmehr als unnötige Last.
Fazit
„Primordial“ ist ein sympathisch-beschauliches Mahnmal für den Tierschutz, aber vor allem ein künstlerisches Feuerwerk von Andrea Sorrentino.
Inhalt
1957. Das „Space Race“ zwischen den Vereinigten Staaten und der Sowjetunion nimmt Fahrt auf, und Russland erreicht einen Meilenstein, indem es die Hündin Laika an Bord der Sputnik 2 in den Erdorbit schickt. Zwei Jahre später ziehen die USA mit zwei Affen, Able und Baker, nach. Keins der Tiere kehrt zur Erde zurück. Aber anders als geplant, sterben sie nicht im Weltraum. Sie werden entführt. Und jetzt kommen sie wieder.
(Quelle: Splitter Verlag)
Autor
Jeff Lemire
(*21. März 1976) ist ein kanadischer Comicautor und Autor.
Lemire ist bekannt für seine launischen, humanistischen Geschichten und seinen skizzenhaften, filmischen Schwarzweiß-Zeichenstil.
(Quelle: Wikipedia)
Details
Format: Hardcover, Bookformat
Veröffentlichung: 22.06.2022
Seitenzahl: 176
ISBN: 978-3-96792-361-2
Sprache: Deutsch
Verlagshomepage: Splitter Verlag
Copyright Cover: Splitter Verlag