Review

Leinwandheld und Lebensretter

Nach seinem großen und streitbaren Auftritt in „Spider-Man: No Way Home“ ist Benedict Cumberbatch gegenwärtig erneut in seiner prominenten MCU-Rolle des Meisterzauberers Dr. Strange zu bewundern. Dabei handelt es sich nach dem 2016er-Abenteuer um den zweiten Solo-Film von Marvels Meistermagier; auch wenn „solo“ innerhalb des gigantischen MCU mittlerweile immer relativ zu verstehen ist. Überdies kehrt der legendäre Sam Raimi mit „Doctor Strange in the Multiverse of Madness“ erstmals seit „Spider-Man 3“ aus dem Jahr 2007 auf den Regiestuhl für einen Superhelden-Blockbuster zurück. Eine besondere Erwartungshaltung ist dementsprechend gar nicht von der Hand zu weisen.

Wer sich vorab schon etwas einstimmen möchte, kann das abermals mit der – qualitativ hochwertigen – „Marvel Must-Have“-Hardcover-Reihe tun. Unter diesem Banner ist nämlich kürzlich eine Neuauflage des modernen Klassikers „Doctor Strange – Der Eid“ von Autor Brian K. Vaughan („Paper Girls 6“, „Runaways Megaband: Ausreißer“) und Zeichner Marcos Martín erschienen. Die Miniserie „Doctor Strange: The Oath #1-5“ ist dabei nicht weniger als eine stilprägende und tonangebende Neudefinition einer klassischen Marvel-Figur.

Im Fokus: Der Eid

Die Titel der Serie ist vielsagend. Angespielt wird auf das ambivalente Doppelleben des Dr. Stephen Strange. So ist er zwar einerseits der größte Zauberer des Marvel-Universums; anderseits war er – vor seinem tragischen Autounfall – ein meisterlicher wie hochmütiger Chirurg mit begnadeten Händen.

Einmal Arzt, immer Arzt. Und so fühlt sich der Mediziner auch nach all den Jahren natürlich noch an den Eid des Hippokrates gebunden und der entsprechenden ärztlichen Ethik verpflichtet. Begünstigter der Fürsorge und Behandlung soll Stranges treuer Freund Wong sein. Bei Wong wurde nämlich ein unheilbarer Gehirntumor festgestellt. Um seinen Diener, Freund und Lehrmeister der Kampfkünste zu retten, trotzt der Oberste Zauberer einer lebensfeindlichen Dimension ein magisches Elixier ab, das über wundersam heilende Kräfte verfügt. Ehe Wong der Lebensretter verabreicht werden kann, wird das Serum jedoch von einem findigen Dieb entwendet. Bei dem Überfall wird der Meistermagier zu allem Überfluss noch angeschossen. Nach der Heilbehandlung durch die furchtlose Night Nurse, die alle Superhelden New Yorks im Verborgenen verarztet, fängt das Abenteuer erst richtig an. Dem Tode gerade so entronnen, macht sich Stephen Strange gemeinsam mit Wong und der Night Nurse auf die Suche nach dem Heiltrank. Der Weg soll dabei bis tief in Stranges eigene Vergangenheit reichen.

Leichte, aber wirkungsvolle Richtungsänderung

„The Oath“ ist wohl die stilprägende Neuausrichtung des Meisterzauberers schlechthin. Vaughan und Martín haben zwar nur leicht an den Stellschrauben gedreht, aber trotzdem das Gepräge einer Figur maßgeblich verändert und für die Zukunft beeinflusst. Das fängt bei dem weniger förmlichen Charakter und Gehabe Stranges an; geht über die Veränderung des Dienstherrenverhältnisses hin zu einer echten Freundschaft mit Wong; und setzt sich bei Details wie einem zeitgemäßen Kostüm fort.

Leseprobe aus „Marvel Must-Have: Doctor Strange – Der Eid“. (Copyright: Panini Comics)

Die Miniserie ist durchgehend schwer unterhaltsam und abwechslungsreich und verbindet gekonnt die reale Welt mit der magischen Dimension des Marvel-Universums. Durch den stets drohenden Tod weist die Serie von Beginn an eine gewisse Fallhöhe auf. Und darüber hinaus verleiht Vaughan seiner Hauptfigur durch pointierte Blicke in die Vergangenheit eine besondere charakterliche Tiefe – denn der Meisterchirurg war einst (gelinde gesagt) menschlich schwierig. Doch Hochmut kommt vor dem Fall. Und so ist das Ende seiner Arztkarriere gleichbedeutend mit seiner Läuterung und dem Start in ein erfüllteres Leben.

Das einprägsame Artwork von Marcos Martín orientiert sich offenkundig am klassischen Strich von Steve Ditko. Allerdings verneigen sich die Illustrationen eher vor den Arbeiten der Comic-Ikone als diese schlicht zu imitieren. Martín verleiht dem Ganzen seinen eigenen individuellen Anstrich.

Fazit

Wenn es nicht unbedingt eine Multiversum-Storyline mit dem Obersten Zauberer sein soll, dann gibt es wohl keine bessere Einstimmung für „Doctor Strange in the Multiverse of Madness“ als „Marvel Must-Have: Doctor Strange – Der Eid“.


Marvel Must-Have: Doctor Strange – Der Eid

Inhalt

Ein skrupelloser Feind, eine dämonische Bestie, der Diebstahl eines Elixiers und ein Schatten aus der Vergangenheit setzen dem Meistermagier schwer zu.

(Quelle: Panini Comics)

Details

Format: Hardcover
Vö-Datum: 22.03.2022
Originalausgaben: Doctor Strange: The Oath 1–5
Seitenzahl: 140
Sprache: Deutsch
Verlagshomepage: Panini Verlag

Copyright Cover: Panini Verlag



Über den Autor

Fabian
"Du lächelst wie jemand, der keine Ahnung hat, wozu ein Lächeln überhaupt gut ist." (Das kleine, blaue, geflügelte Einhorn Happy, in: Happy!)