Review
Mit seinen zwei Vorgängerwerken, darunter der von uns besprochene Roman „Zero“, schaffte es Autor Marc Elsberg gleich doppelt, den Preis „Wissensbuch des Jahres“ in der Kategorie „Unterhaltung“ abzustauben. Ein Qualitätskriterium, das sich in den Leserstimmen wiederfand. Ihm gelang die Kombination aus Science und Thriller zu zwei spannenden Romanen zu formen. Mit „Helix. Sie werden uns ersetzen“ soll nun Geniestreich Nummer 3 folgen.
Die Handlung beginnt bei einem amerikanischen Minister auf Staatsbesuch in München. Noch hinter dem Rednerpult bricht dieser tot zusammen. Bei der Autopsie findet man Hinweise auf einen mysteriösen Virus. Quasi maßgeschneidert, sodass er nur bei einer Zielperson tödlich wirkt.
Währenddessen finden in Entwicklungsländern genetische Wunder statt. Mais, Ziegen und Baumwolle, die herkömmlichen Artgenossen meilenweit überlegen sind, ziehen die Aufmerksamkeit eines Global Players in Sachen Genetik auf sich. Doch woher sowohl Virus als auch Verbesserungen stammen, bleibt unklar.
Nebenbei gibt es dann auch noch den Plot mit dem ungewollt kinderlosen Ehepaar aus den USA, das plötzlich Wunderembryonen versprochen bekommt, ein verschwundenes Wunderkind mysteriöser Herkunft, Ehestreitigkeiten, Regierungs-Blabla ‑ kurz: Diese Story hat jede Menge zu erzählen. Mancher Teil des Plots ist interessant, andere eher … trivial. Dennoch sollen alle Charaktere schlussendlich zusammenfinden.
Dabei wechselt Elsberg zunächst kapitelweise die Perspektiven zwischen seinen Erzählfiguren. Schon dabei fällt es teilweise schwer, unmittelbar zu erfassen, wer nun wieder gemeint ist. Wenn er aber im Buchverlauf auch in den einzelnen Kapiteln unmittelbar von Person A zu B switcht, sorgt das nur für Irritation. Möglicherweise möchte der Autor damit ja die Spannung und Geschwindigkeit seiner Story erhöhen, leider misslingt diese Strategie mächtig. Vor allem liegt das an der überfrachteten Story.
Allerdings machen es auch die einzelnen Charaktere dem Leser nicht leicht. Abgesehen vom Kinderwunsch-Ehepaar bleiben alle furchtbar blass. Aber selbst diese zwei entwickeln eher nervige Züge, als dass man wirklich mit ihnen mitfiebert.
Abgesehen von der lieblosen Gestaltung wirkt auch die Konzeption des Romans irgendwie schlampig. Das liegt nicht nur am äußerst einfallslosen (und dazu brutalen) Ende, sondern ebenso an Kleinigkeiten. So heißt ein Charakter plötzlich auf einer Seite nicht mehr Linda, sondern Lisa. Oder es wird ein Pseudo-Geheimnis um eine ganz schnöde Drohne eingebaut.
Das alles hinterlässt einen eher unguten Geschmack. Zudem bleiben auch am Ende Fragen offen. Damit sind keine „der Leser möge sich selbst ein Bild dazu machen“-Fragen gemeint, sondern ganz grundlegende Storyelemente, deren Fehlen den Lesegenuss weiterhin beeinträchtigen.
Trotz dieser ganzen negativen Punkte sei angemerkt: Die Grundidee, die genetische Verbesserung des Menschen und seiner Umwelt, ist hochspannend. Auch die grundsätzliche Orientierung und Erzählweise sind per se nichts Schlechtes. Dennoch scheint hier beim Schreiben einiges an Sorgfalt auf der Strecke geblieben zu sein. Besser, man hätte auf ein, zwei Storystränge verzichtet und dafür an den anderen sorgfältiger ausgearbeitet. Dann hätten die Figuren vielleicht auch mehr Tiefgang bekommen.
So lässt sich für „Helix. Sie werden uns ersetzen“ leider nur festhalten: gut gemeint ist nicht gleich gut gemacht.
Trailer
Handlung
Der US-Außenminister stirbt bei einem Staatsbesuch in München. Während der Obduktion wird auf seinem Herzen ein seltsames Zeichen gefunden – von Bakterien verursacht? In Brasilien, Tansania und Indien entdecken Mitarbeiter eines internationalen Chemiekonzerns Nutzpflanzen und –tiere, die es eigentlich nicht geben kann. Zur gleichen Zeit wenden sich Helen und Greg, ein Paar Ende dreißig, die auf natürlichem Weg keine Kinder zeugen können, an eine Kinderwunschklinik in Kalifornien. Der Arzt macht ihnen Hoffnung, erklärt sogar, er könne die genetischen Anlagen ihres Kindes deutlich verbessern. Er erzählt ihnen von einem – noch inoffiziellen – privaten Forschungsprogramm, das bereits an die hundert solcher »sonderbegabter« Kinder hervorgebracht hat, und natürlich wollen Helen und Greg ihrem Kind die besten Voraussetzungen mitgeben, oder? Doch dann verschwindet eines dieser Kinder, und alles deutet auf einen Zusammenhang mit sonderbaren Ereignissen hin – nicht nur in München, sondern überall auf der Welt …
(Quelle: Blanvalet)
Autor
Marc Elsberg
wurde 1967 in Wien geboren. Er war Strategieberater und Kreativdirektor für Werbung in Wien und Hamburg sowie Kolumnist der österreichischen Tageszeitung „Der Standard“. Heute lebt und arbeitet er in Wien.
(Quelle: Blanvalet)
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Details
Format: Hardcover mit Schutzumschlag, e-Book
Vö-Datum: 31.10.2016
Seitenzahl: 648
ISBN: 978-3-7645-0564-6
Sprache: Deutsch
Verlagshomepage: Blanvalet Verlag
Copyright Cover: Blanvalet Verlag