Review
Besonders aus dem Studium kennt man sie, die „Handbücher“ zu x-beliebigen Disziplinen und ihren Wissenschaften. Was für Studierende als meist unliebsame Prüfungslektüre dient, schickt sich durch Autorin Kristina Schippling an, für Unterhaltung zu sorgen und den Buchmarkt im Genre (erotische) Fantasy aufzumischen. So wird ihr „Handbuch der Angewandten Vampirpsychologie (Band 1)“ vom Verlag Exaiphnes Editionen als psychologischer Roman deklariert, der seit September 2021 mit Softtouch-Beschichtung im Handel erhältlich ist.
Ein Vampirroman der anderen Art
Einen neuen Studiengang führt Schippling damit jedoch nicht ein, vielmehr handelt es sich bei diesem „Handbuch“ um einen Vampirroman, der Fantasy-Elemente (u.a. das Vampirmotiv, aber auch die Einbindung von fantastischen Figuren wie Hexen) mit der Wissenschaft der Psychologie verbindet und das Ganze durch entsprechende Textpassagen letztlich noch im Genre der erotischen Literatur verorten lässt.
Durch ein Meer aus Gefühlen
Der Fokus der Handlung liegt auf dem Innenleben der Hauptfigur Inanna. Jene ist auf der Suche nach der Liebe und findet dabei schließlich zu sich selbst.
„Ich hatte geliebt, gelitten, gehasst, gelacht, getanzt und gevögelt. Ich war mal Opfer, mal Täter und mal Retter. Die Rollen verblassten hinter der lauten Stille. Es war in Ordnung so. Ich hatte verloren und hatte gewonnen. Und jetzt war der Augenblick gekommen, an dem ich alles losließ, an dem ich einverstanden war.“
(Auszug aus „Handbuch der Angewandten Vampirpsychologie (Band 1)“; S. 218)
Den Ausgangspunkt der Handlung bildet das Aus ihrer Beziehung. Fortan setzt die Protagonistin Inanna alles menschlich (und übermenschlich) Mögliche daran, ihren Partner Janus wiederzugewinnen. Ihr Plan: Die Liebe und die Beziehung wieder hinzubekommen. Dabei wird sie immer wieder scheitern. Und sie stellt fest, sowohl ihre Schönheit als auch ihre übermenschlichen Fähigkeiten helfen ihr nicht weiter. Mehr noch führen alle ihre unterschiedlichen Erlebnisse, die auf den 226 Seiten geschildert werden, stets zu demselben Punkt zurück.
Bei diesem Erlebten setzt die Figur immer wieder die Zeit außer Kraft. Entsprechend finden Zeitreisen, Zeitsprünge und zeitlose Räume Eingang in den Roman. Das kann schon mal verwirrend für die Leser:innen werden.
Aber nicht nur Konzentration ist beim Verfolgen der Handlung als solche gefragt. Auch schadet es nicht, metaphorisch denken zu können. So finden sich beispielsweise Szenen in dem Buch, in denen sich die Protagonistin schlangengleich häutet. Dies kann durchaus sinnbildlich für einen Neuanfang stehen und ist, wie manch andere Stelle auch, interpretationsoffen.
Stringenter werden die einzelnen emotionalen Stufen einer Trennung beschrieben, welche die Hauptfigur durch ein Meer aus Gefühlen taumeln lassen. Diese reichen von dem Gefühl des Verlustes über die Akzeptanz bis hin zu Wut, Trauer und Angst (vor Verlust respektive vor dem Alleinsein). All das bleibt trotz fantastischer Elemente stets nachvollziehbar und in der Darstellung (vor allem auch durch die Ich-Erzählperspektive) authentisch. Schließlich teilt die Protagonistin den Wunsch, den wohl jeder Mensch in sich spürt:
Lieben und geliebt werden
Auf der Suche nach dieser Liebe, dem Geliebtwerden und dem letztendlichen Angekommensein stehen immer auch die Fragen im Raum: Was ist Liebe? Und wie funktioniert Liebe? Wer war ich? Wer bin ich? Und wer werde ich sein?
Somit behandelt das „Handbuch der Angewandten Vampirpsychologie (Band 1)“ vorwiegend eher große philosophische Fragen statt allzu psychologisch oder psychoanalytisch zu sein. Der Titel führt daher – nicht nur dies betreffend – etwas in die Irre.
Fazit
Irritiert bleibt zuweilen auch die Leserschaft nach der Lektüre von „Handbuch der Angewandten Vampirpsychologie (Band 1)“ zurück; unschlüssig, was man letztlich davon halten soll. Der Autorin gelingt zumindest ein experimenteller Roman, der nachhaltig wirkt. Wie genau, wird jede/r Leser/in am Ende für sich selbst entscheiden. All jene, die aber einen Vampirroman der anderen Art erleben wollen, sollten mal einen Blick riskieren.
Handbuch der Angewandten Vampirpsychologie Band I
Teaser
Inhalt
Selbstfindung einer Vampirin
Der psychologische Roman mit fantastischen Elementen zieht den Lesenden in die Gefühlswelten und inneren Landschaften der Hauptfigur Inanna hinein und lässt ihn die Abenteuer einer jungen Frau mit übersinnlichen Fähigkeiten hautnah miterleben.Â
Als Inanna von ihrem langjährigen Partner Janus verlassen wird, kann sie den Schlussstrich nicht akzeptieren und setzt alles daran, die Beziehung zu retten. Mit übersinnlichen Tricks und Hexenwerk findet sie einen Weg, die Zeit zurückzudrehen, doch neue ungeahnte Herausforderungen warten schon auf sie.
Zwischen nebulösen Zeitsprüngen und erotischen Bisswunden ringt Inanna darum, die magische Welt in ihrer ungeheuren Alltäglichkeit zu meistern.
(Quelle: Exaiphnes Editionen)
Autorin
Kristina Schippling
publiziert Kurzgeschichten in Anthologien und Zeitschriften, ihre Novelle „Drei Gesichter“ ist im Mitteldeutschen Verlag erschienen. Es folgten „Meine Wut ist weiß und rein!“, eine Sammlung von Kurztexten, und ihr erster Roman: „Handbuch der Angewandten Vampirpsychologie Band I“, erschienen 2021 in den Exaiphnes Editionen.
Schippling ist seit 2014 als promovierte Hochschuldozentin u.a. für die Fächer Philosophie, Pädagogik und Psychologie an der Akademie für Darstellende Kunst Bayern in Regensburg tätig und arbeitet für diverse Filmfestivals. Neben zahlreichen Kurzfilmformaten erscheint nun auch ihr erster Dokumentarlangfilm „The Sound of Cologne“ (Regie und Kamera) in den Kinos.
(Quelle: Literaturtest)
Details
Format: Hardcover
Vö-Datum: 22.09.2021
Seitenzahl: 226
ISBN: 9798482206997
Sprache: Deutsch
Verlagshomepage: Exaiphnes Editionen / Seubert Verlag
Copyright Cover: Exaiphnes Editionen