Review
Ein Hörspiel nach gleichnamigem Roman von Thorne Smith
„Diese Geschichte ist aus einer verlorenen Zeit. Ob es sie so gegeben hat oder gegeben haben könnte, wer weiß das schon. Wie alle Geschichten von Thorne Smith ist sie nicht geplant oder auf ein Ziel hingeschrieben mit einer festen Dramaturgie. Stattdessen spielt sie mit Menschen und Wesen, die wir sein könnten oder wollen. Etwas Übernatürliches ist dabei; unser Held gerät in Unvorhergesehenes, gibt viel Geld aus, sein Leben ändert sich und er atmet freier danach. Vielleicht, weil dann mehr Platz in der Seele ist für das stille Lachen. Und vielleicht spielt auch etwas Alkohol eine Rolle. Ich habe sie gewarnt!“
(aus dem Prolog zu „Das Nachtleben der Götter“)
So führt der Erzähler, der sich später nicht nur als kommentierend-erzählende, sondern auch handelnde Figur Betts (gesprochen von Detlef Bierstedt) herausstellt, in die Hörspiel-Adaption des 1931 erschienenen Romans von Thorne Smith ein.
Bekannt für seine Romane und Novellen mit zumeist Fantasy-Elementen und besonders trinkfesten Charakteren, geht es auch in dem von Folgenreich veröffentlichten und von Interplanar (u.a. „Mark Brandis“, „Und auf Erden Stille“) produzierten Hörspiel feucht-fröhlich und fantastisch zu.
Die Handlung
Dafür führt uns die Handlung in das Jahr 1930.
Der amerikanische Privatgelehrte und Erfinder Hunter Hawk (gesprochen von Konrad Bösherz) hat das Geheimnis entdeckt, wie man lebende Wesen in steinerne Statuen und zurück verwandeln kann. Als er seine Erfindung allein mit viel Rotwein feiert, begegnet ihm die 800 Jahre junge Meg Turner (gesprochen von Derya Flechtner), die ihm wiederum zeigt, wie er Steinernes zum Leben erwecken kann. Zusammen brechen sie nach New York auf und beleben antike Götterstatuen im Metropolitan Museum: Diana, Juventas, Bacchus, Merkur und Neptun. Wie vorherzusehen haben die Götter des klassischen Griechenlands einige Schwierigkeiten, sich dem New York City des Jahres 1930 kulturell anzupassen …
(Quelle: Folgenreich)
Die Kritikpunkte
Das alles verspricht eine lustige Hörspielunterhaltung, doch werden dabei Inhalt und Humor nicht derart ausgeschöpft, wie es der Klappentext zunächst vermuten lässt. Angekündigt als „humorvoll alkoholgetränkt-phantastisches Hörspiel“ wird die Produktion dieser Umschreibung somit letztlich nicht gerecht.
Ist die Idee hinter „Das Nachtleben der Götter“ noch unterhaltsam und gut, fällt die Umsetzung auf inhaltlicher Ebene nur mäßig amüsant aus. Zudem ist die Handlung sehr überschaubar; die wiedererweckten Götter spielen – wider Erwarten – dabei eher eine Nebenrolle, und die mitschwingende vermeintliche Tiefe wirkt zuweilen ein wenig zu aufgesetzt. Insbesondere durch die Kurzweil des Hörspiels bleibt am Ende daher nicht viel hängen; stattdessen eignet es sich nur als schnelle und seichte Berieselungsnummer für zwischendurch.
Bleibt die Frage, an wen sich „Das Nachtleben der Götter“ richtet. Auch hier hat das Hörspiel einige Schwierigkeiten. Offiziell empfohlen für Hörer:innen ab 12 Jahren, strotz das Ganze vor Nacktheit, sexuellen Inhalten, Schimpfwörtern, Gewalt, Alkoholkonsum, Alkoholkonsum und nochmals Alkoholkonsum. Für Kinder daher teils zu „schlüpfrig“, für Erwachsene jedoch zu „kindlich“, kann sich die ca. 112-minütige Handlung nicht so recht entscheiden, welche Zielgruppe hier wohl die geeignetste wäre.
Das Ende folgt nach besagter Laufzeit dann sehr abrupt. Der eingangs und zwischendurch zu hörende Erzähler bleibt schweigsam und auch auf ansonsten immer stimmungsvoll präsentierte Credits und Ähnliches muss man verzichten.
Die Pluspunkte
Betrachtet man hingegen die „technische“ Seite der Produktion, gibt es – wie von Folgenreich gewohnt – keinerlei Grund zur Beanstandung. Die Soundeffekte tragen zum Geschehen unterstützend und passend bei, die Sprecher:innen leisten allesamt – und wieder einmal – hervorragende Arbeit und auch der Soundtrack wirkt zur Geschichte und Zeit, in der diese spielt, sehr stimmig.
Fazit
Wo Folgenreich draufsteht, ist auch Folgenreich drin. So erwartet einen mit „Das Nachtleben der Götter“ ein perfekt produziertes Hörspiel, das die Hörer:innen lebhaft in die Erzählung eintauchen lässt. Diese bleibt dann allerdings inhaltlich hinter den (hohen) Erwartungen zurück. Wer jedoch auf der Suche nach einem kurzweiligen, unaufdringlichen und inhaltlich nicht allzu anspruchsvollen Hörspiel für zwischendurch ist, sollte ein Ohr riskieren. Dann wiederum hat man die Wahl zwischen dem Erwerb einer Doppel-CD, einem Download oder Stream aller Folgen.
Das Nachtleben der Götter (Hörspiel)
Handlung
Der amerikanische Privatgelehrte und Erfinder Hunter Hawk hat das Geheimnis entdeckt, wie man lebende Wesen in steinerne Statuen und zurück verwandeln kann. Als er seine Erfindung allein mit viel Rotwein feiert, begegnet ihm die 800 Jahre junge Meg Turner, die ihm wiederum zeigt, wie er Steinernes zum Leben erwecken kann. Zusammen brechen sie nach New York auf und beleben antike Götterstatuen im Metropolitan Museum: Diana, Juventas, Bacchus, Merkur und Neptun. Wie vorherzusehen haben die Götter des klassischen Griechenlands einige Schwierigkeiten, sich dem New York City des Jahres 1930 kulturell anzupassen …
(Quelle: Folgenreich)
Details
Format: Hörspiel
Veröffentlichung: 03.12.2021
Spielzeit: ca. 112 Minuten
Altersempfehlung: ab 12 Jahren
Sprache: Deutsch
Verlagshomepage: Folgenreich (Universal Music Family Entertainment)
Copyright Cover: Folgenreich / Universal Music Family Entertainment
Liebe Autorin!
Vielen Dank für die Rezi! Über den Inhalt und Umsetzung kann man geteilter Meinung sein. Geschmackssache halt. Aber mich würde interessieren ab bzw. bis welchem Alter Du dieses Hörspiel frei gegeben hättest?
Liebe Hörspielgrüsse aus Wien,
Markus
Hallo Markus,
vielen Dank für deinen Kommentar!
Vorab: Die FSK ab 12 ist – gemäß der Kriterien des Prüfverfahrens – formell gesehen schon richtig.
Die Frage für mich aber war: Macht dies Sinn? Denn da mit der Altersfreigabe keine pädagogische Empfehlung oder ästhetische Bewertung verbunden ist, obliegt es natürlich letztlich immer den persönlichen Einschätzungen (beispielsweise der Erziehungsberechtigten), zu entscheiden, inwiefern das so gekennzeichnete Produkt auch für den Konsum des/der 12-Jährigen geeignet ist.
Hier war und bin ich der Meinung, dass Kinder in diesem Alter insbesondere mit den sexuellen Bezügen – und teils auch mit der Art von Humor – noch wenig bis gar nichts anfangen können (und sollten).
Meine Aussage „Für Kinder teils zu „schlüpfrig“, für Erwachsene jedoch zu „kindlich“, kann sich die ca. 112-minütige Handlung nicht so recht entscheiden, welche Zielgruppe hier wohl die geeignetste wäre.“ kratzt somit nicht unbedingt an der FSK ab 12, sondern vielmehr stellte sich mir die Frage, an wen sich das Hörspiel eigentlich richten soll. Ich denke, der Humor wird von Kindern nicht so erfasst, wie es das Hörspiel gerne hätte; für Erwachsene ist der Humor bekanntlich eine Frage des persönlichen Geschmacks. Kann gefallen, muss aber nicht.
Vor allem als störend habe ich diesbzgl. z.B. den folgenden Satz im Hörspiel empfunden: „Du hast es gleich drauf abgesehen, mich ins Bett zu bekommen“. Dieser wirkt gerade im Vergleich zum eher romantischen, fast schon philosophischen Ende doch sehr stilbrechend und insgesamt irgendwie auch unnötig für die Handlung als solche.
Hätte man auf derlei Szenen verzichtet und sich z.B. eher auf das Treiben der Götter im für sie fremden New York City des Jahres 1930 konzentriert, wie es der Klappentext ja auch suggeriert (!), hätte es durchaus ein tolles Hörspiel für Kinder im Alter von 12 Jahren werden können. Diese sind durch den Unterricht in der Schule bereits mit griechischen und römischen Göttern in Kontakt gekommen und könnten damit auch gut unterhalten werden. Die Trinkfreude und sexuellen Komponenten liegen jedoch (noch) nicht in ihrem Erfahrungshorizont (hoffentlich 😉 )
Je nach „Entwicklungsstand“ und „Erfahrungshorizont“ der Kinder bleibt es somit denjenigen überlassen, die ihre Kinder am besten kennen, ihnen das Hörspiel zuzumuten oder eben noch nicht. Ich würde es den Kindern dieser Altersgruppe in meinem Umfeld (sowohl Mädchen als auch Jungen) noch nicht zum Hören anbieten, da sie damit einfach noch nicht viel anfangen könnten; hier würde ich es vielleicht so ab 14 – 16 Jahren noch einmal probieren. Eine pauschale Antwort darauf gibt es aber nicht, das muss jede/r – in Hinblick auf das betreffende Kind – selbst entscheiden.
Ich hoffe, das beantwortet dir deine Frage?! 🙂
Liebe Grüße
Conny