Review
Wie oft müssen sich Autoren anhören, dass den Lesern das Ende eines Romans nicht gefällt, die Handlung ganz anders hätte verlaufen sollen oder dass die Entscheidungen der Figuren wenig authentisch sind? Vermutlich oft genug, um in Erwägung zu ziehen, diesem Dilemma zukünftig aus dem Weg zu gehen. Dazu entschied sich die amerikanische Schriftstellerin Chris Portman, die mit „Choice – Wege der Lust“ sowohl einen erotischen Liebesroman als auch ihre sogenannte „Choice-Novel“ präsentiert.
Wie der Buchtitel „Choice“ schon verrät, liegt der Handlungsverlauf der Erzählung um die gleichnamige Protagonistin während der gesamten 336 Seiten ganz in den Händen der Leser. Diese haben die Gewalt über die Entscheidungen der Hauptfigur und somit auch über den Handlungsverlauf.
Was in Computer- bzw. Pen-&-Paper-Rollenspielen immer mal wieder gang und gäbe ist, hält damit auch Einzug in die Unterhaltungsliteratur. Ein Konzept, das überzeugt und viele abwechslungsreiche Lesestunden gewährleistet.
Insbesondere im Bereich der erotisch-romantischen Literatur wird der Leser momentan erschlagen von einer Fülle an Veröffentlichungen, die es schwer macht, eine Auswahl zu treffen, welche letztlich zu gefallen weiß und sich mit neuen Ideen von der Masse an Publikationen abhebt. Daher kommt die „Choice-Novel“ von Chris Portman gerade recht, die es dem Leser erlaubt, den Inhalt und das Ende des Romans sowie zahlreiche weitere handlungsrelevante Gegebenheiten selbst zu bestimmen.
Wie das funktioniert, wird bereits vor Beginn des Romans ausreichend wie folgt erläutert:
„Du entscheidest, wie es weitergeht.
Immer wenn Choice vor einer Entscheidung steht, darfst du bestimmen: Wähle aus zwei oder mehr Varianten, welchen Weg Choice einschlagen soll, und folge den Seitenangaben ( -> weiter auf Seite …).
Du möchtest dich anders entscheiden? Am Ende jedes Weges hast du die Möglichkeit, eine andere Variante auszuprobieren und zur letzten Entscheidungsmöglichkeit zurückzukehren (<- zurück zu Seite …).“
Was sich zunächst kompliziert und chaotisch anhört, entpuppt sich als großartige Bereicherung für den Leser und die Erzählung „Choice – Wege der Lust“.
Es sei aber darauf hingewiesen, dass es vorteilhaft ist, einen Handlungsstrang komplett zu Ende zu verfolgen. Denn wenn man alles auf einmal will, d.h. alle eventuellen Möglichkeiten gleichzeitig bzw. umgehend hintereinander lesen möchte, verzettelt man sich trotz guter Führung durch Seitenangaben und Symbole leicht. Zudem hat man immer wieder das Gefühl, etwas zu verpassen.
Folgt man hingegen konsequent der selbst eingeschlagenen Richtung, so wird man belohnt mit einer jeweils interessanten und unterhaltsamen erotischen Lektüre, die einerseits zwar recht kurzweilig wirkt, andererseits aber durch die Möglichkeit, die Protagonistin weitere „Wege der Lust“ einschlagen zu lassen, die unterschiedlichsten Geschmäcker der Leser bedient und damit auch nach einer abgeschlossenen Handlung noch interessant bleibt.
Insgesamt bietet Chris Portman drei mögliche Abschlüsse für „Choice“ an.
Der Weg dorthin kann – die erotische Komponente betreffend – sowohl sinnlich-romantisch, als auch frivol-freizügig oder fordernd-dominant ausfallen. Oft weiß man zwar erst nach einer Entscheidung, ob diese zufriedenstellend getroffen wurde, bei Nichtgefallen ist aber glücklicherweise jederzeit eine Umkehr zur Ausgangsposition möglich.
Das Inhaltsverzeichnis, welches ebenfalls der eigentlichen Handlung vorangestellt und nach Kapiteln gegliedert ist, wirkt daher entsprechend überflüssig, denn der Leseverlauf ist in „Choice – Wege der Lust“ keinesfalls stringent.
Bei all der Entscheidungsfreiheit, die dem Leser damit gelassen wird, müssen natürlich trotzdem die Rahmenbedingungen, auf die der Konsument keinen Einfluss nehmen kann, wie beispielsweise die Figurenausarbeitung, der Schreibstil und die Idee des Ganzen ebenfalls stimmen. Diesbezüglich gibt es wenig an Chris Portmans „Choice – Wege der Lust“ auszusetzen, vorausgesetzt, man erwartet keine tiefgehende Literatur, denn der Stil ist sehr einfach, schnell und locker zu lesen, jedoch aus Sicht der Protagonistin geschrieben, was dazu führt, dass eine gewisse Nähe zwischen Leser und Figur entsteht. Bei all der Einfachheit verliert sich Portman allerdings in den erotischen Passagen zu keinem Zeitpunkt im Banalen oder Plumpen. Vielmehr wirken diese Stellen sehr ästhetisch, wenn auch nicht neu.
Neu ist auch die Idee des ominösen luxuriösen Clubs nicht, in dem sich Choice bereits nach wenigen Seiten wiederfindet, denkt man beispielsweise an Publikationen wie „S.E.C.R.E.T.“ von L. Marie Adeline, doch auch hier wirkt die Umsetzung sehr stimmig und zum Hauptcharakter passend.
Es ist nicht unbedingt der Inhalt und das schriftstellerische Talent, die hier überzeugen, sondern das Konzept der „Choice-Novel“, die dem Leser ein gelungenes Mitspracherecht verleiht und viele Vorlieben bedient.
Erfrischend neu, erfrischend anders und nur zu empfehlen, da aus dem herkömmlichen Lesegenuss zudem ein abenteuerliches selbstbestimmtes Erlebnis wird!
Inhalt
Die Wege der Lust:
Welchen wirst du gehen?
Statt Erfolge als Schauspielerin zu feiern, schlägt sich die junge Choice in Los Angeles mit schlecht bezahlten Aushilfsjobs durch. Auch ihr Liebesleben ist weniger aufregend, als erhofft. Das ändert sich schlagartig, als ihr eines Tages eine Karte in die Hände fällt, die Einladung zu einem Spiel, das in einem luxuriösen Club beginnt. Die Regeln sind so simpel wie aufregend: Du bekommst ein Handy. Schalte es ein, wenn du bereit bist. Wer immer dich anruft, ist dein Blind Date. Er bestimmt die Regeln. Soll Choice sich darauf einlassen?
Sinnlich oder fordernd, sanft oder zupackend – du entscheidest, wie es in diesem Roman weitergeht.
(Quelle: Rowohlt Verlag)
Autorin
Chris Portman ist in vielen Genres zu Hause, unter anderem schreibt sie Fantasy, Thriller und Frauenromane.
Lange Jahre lebte sie in Los Angeles, dem Setting ihrer „Choice“-Novel, wo sie als Softwarespezialistin für 3D-Animationen arbeitete.
(Quelle: Rowohlt Verlag)
Details
Format: Taschenbuch
Vö-Datum: 01.10.2014
Seitenzahl: 336
ISBN: 978-3-499-23886-4
Sprache: Deutsch
Verlagshomepage: Rowohlt Verlag
Copyright Cover: Rowohlt Verlag