Review
The Catwoman Returns
Vor zehn Jahren kam es in Gotham City zu Chaos und Aufständen: Die Nacht der Narren, angeführt naturgemäß vom Joker. Im Zuge dieser Ausschreitungen fiel der Mitternachtsdetektiv Batman. Es soll ein einschneidender Tag in der Geschichte der finsteren Metropole sein. Maskierte Heldinnen und Helden verschwinden von der Bildfläche.
„Catwoman: Lonely City 1“ beginnt sodann mit einer 55-jährigen Catwoman Selina Kyle, die zehn Jahre lang im Blackgate-Gefängnis brütete. In dieser dystopischen Version der Zukunft trifft sie auf eine erheblich veränderte Heimat. Der Bürgermeister ist der Ex-Staatsanwalt Harvey Dent alias Ex-Schurke Two-Face, der die Großstadt nach seinem Gusto umgestaltet. Ein Überwachungs- und Polizeistaat, bewacht von einer Privatarmee, die das GCPD allmählich ersetzt hat. Als Gegenkandidatin tritt Barbara Gordon alias Batgirl, die Tochter des früheren Commissioners Jim Gordon, an und hofft auf eine bessere Zukunft.
Im Schatten versammelt Selina ein ungewöhnliches Einsatzteam, das unter anderem aus Killer Croc, dem Riddler und seiner Tochter Poison Ivy sowie noch einigen mehr besteht. Neben den strukturellen Schwierigkeiten durch Dents methodische Unterdrückung haben Killer Croc und Catwoman insbesondere mit den Zipperlein und Wehwehchen des Alters zu kämpfen. Längst ächzt der Körper unter der jahrelangen Belastung. Doch die Truppe hat ein klares Ziel vor Augen, denn Batman hat Geheimnisse hinterlassen. Was verbirgt sich hinter dem Fledermaus-Projekt „Orpheus“?
Ein dystopisches Gotham
Nicht nur aufgrund der düsteren Zukunftsvision oder der gealterten Helden und Schurken, sondern insbesondere aufgrund des Comebacks von Catwoman Selina Kyle drängen sich die Vergleiche zu Frank Millers stilprägendem Meisterwerk „Batman: The Dark Knight Returns“ auf. Vergleiche, die nachvollziehbarerweise auch im Vorwort zu dem hiesigen Album angestellt werden.
Wie dereinst Miller entwirft auch der hiesige Künstler Cliff Chiang seine Alternativweltgeschichte als Autor und Zeichner in Personalunion. Chiangs Werk ist – zum gegenwärtigen Zeitpunkt – indessen nicht bloß ein warmer „Die Rückkehr des Dunklen Ritters“-Aufguss. Die Hommage und die Parallelen beschränken sich auf die oben bezeichneten Aspekte: Gotham City ist ein Sündenpfuhl, eine umstrittene Heldin ist zehn Jahre verschwunden, mittlerweile gealtert und gezeichnet, kehrt allerdings noch einmal mit Wucht zurück.
Cliff Chiangs Auftakt zu dieser eigenständigen Saga kommt hingegen immer wieder humorvoll und weniger verbissen und düster daher. Insbesondere die Chemie zwischen Selina und dem völlig außer Form geratenen Killer Croc sorgt immer wieder für Lacher und Schmunzeln. Schließlich zwickt es das Riesenkrokodil in der Hüfte. So mutet das gemeinsame Trainingslager der beiden zunächst weniger wie ein solches und vielmehr wie Seniorensport oder auch Sturzprophylaxe an.
Wie „The Dark Knight Returns“ stürzt sich auch die vorliegende Catwoman-Saga auf drängende politische und gesellschaftliche Fragen und Themen. So entwickelt sich Gotham hier schleichend zu einem Überwachungsstaat (beispielsweise Kontrolle und Überwachung über soziale Medien); Strukturwandel und Gentrifizierung spielen eine Rolle, wenn die hilfsbedürftigen Menschen aus Gotham zugunsten von Spaß und Unterhaltung für die Reichen und Mächtigen von bestechlichen Politikern aus ihren Häusern verdrängt werden sollen. Am Rande widmet sich diese Ausgabe auch Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Ausgrenzung. Insofern bleibt das Ganze allerdings noch ein wenig dünn.
Der Auftakt von „Catwoman: Lonely City“ beherbergt die wesentlichen Zutaten, die einen zukünftigen Klassiker hervorbringen können. Eine spannende Prämisse einer alternativen Realität und möglichen düsteren Zukunft, eine fesselnde Heldin, die wir seit Jahren kennen und die hier womöglich in ihrer Entwicklung den Sprung von der unbekümmerten Meisterdiebin hin zu einer verantwortungsvollen Anführerin macht.
Das Ganze wird abgerundet von einer durchgehend dynamischen, actiongeladenen und unterhaltsamen Geschichte, die noch einige spannende Geheimnisse und offene Fragen im Hinblick auf die umwälzende „Nacht der Narren“ birgt.
Nicht zuletzt zeichnet sich das Album durch das eigenwillige und stets wiedererkennbare Artwork von Ausnahmezeichner Cliff Chiang aus, der bereits die wunderbaren „Paper Girls“Â aus der Feder von Brian K. Vaughan visuell in Szene gesetzt hat. Die Illustrationen sind schlechterdings umwerfend.
Fazit
Das Black Label bleibt ein Garant für künstlerische Höhepunkte aus dem Hause DC Comics. Leider müssen wir uns aller Wahrscheinlichkeit nach noch bis Oktober 2022 gedulden, um herauszufinden, ob der begnadete Cliff Chiang das angedeutete Versprechen einlöst und dieses Comic-Highlight zu einem modernen Klassiker veredelt.
Inhalt
Eine neue Saga aus der Welt von Batman
Selina Kyle saß zehn Jahre im Gefängnis. Ihre Haare wurden grau, ihre Knie und ihr Rücken sind kaputt. Gotham hat sich in dieser Zeit ebenfalls verändert. Bürgermeister Dent regiert die dystopische Stadt nach Batmans Tod mit Hightech-Überwachung und Polizeipräsenz. Doch Catwoman will beweisen, dass sie noch immer die beste Diebin von allen ist. Außerdem gehen ihr Batmans letzte Worte nicht aus dem Kopf …
(Quelle: Panini Comics)
Details
Format: Hardcover
Veröffentlichung: 05.04.2022
Originalausgaben: Catwoman: Lonely City 1–2
Seitenzahl: 108
Sprache: Deutsch
Verlagshomepage:Â Panini Comics
Copyright Cover: Panini Comics
Über den Autor
