Review

In den Strassen von Spiral City

In einer finsteren Gasse von Spiral muss ein kleiner Junge hilflos mitansehen, wie seine Eltern von einem Verbrecher ermordet werden.

Aus den Schatten taucht der Vigilant Skulldigger auf, um den Knaben zu retten. Dabei geht dieser düstere Rächer mit aller Härte gegen das Verbrechen vor. Auch der einsame Junge schwört sich fortan das Verbrechen zu bekämpfen und trainiert hart, um der Mitstreiter bzw. Sidekick des mürrischen Helden zu werden. Und schon bald tritt ein weiterer maskierter Verbrecherjäger auf den Plan: Skeleton Boy.

Während die Polizei von Spiral City im Allgemeinen sehr zufrieden damit ist, dass Skulldigger ihre Arbeit erledigt, ist der finstere Held ein Dorn im Auge von Polizistin Amanda Reyes. Sie macht Jagd auf den Totenkopf-Krieger und möchte das unschuldige Kind von dem Leben des finsteren Gangsterjägers fernhalten.

Indessen wird das dynamische Duo von dem dämonischen Schurken Grimjim herausgefordert.

Skulldigger und Skeleton Boy, The Boy Wonder

Mit „Black Hammer: Skulldigger & Skeleton Boy“ bringt der Splitter Verlag das nächste Spin-off aus dem großartigen „Hammerverse“ von Tausendsassa Jeff Lemire auf den deutschen Markt (vorherige Spin-offs: „Sherlock Frankenstein und die Legion des Teufels“, „Doctor Star & das Reich der verlorenen Hoffnung“, „Quantum Age“, „Straßen von Spiral City“, „Black Hammer ’45“, „Colonel Weird – Cosmagog“). Es ist immer noch erstaunlich, wie rapide dieser Superhelden-Kosmos sich entwickelt hat.

Mit der vorliegenden Miniserie ist das Universum von Lemire wieder um einen symbol- und referenzreichen Titel gewachsen. Vorbild gestanden hat für diese Geschichte, die auch komplett eigenständig funktioniert, fraglos die Phase der Superhelden-Comics der 1980er-Jahre. Freilich ist das hiesige dynamische Duo im Wesentlichen eine Interpretation von und eine Hommage an „Batman und Robin, The Boy Wonder“. Während Skulldigger gleichsam wie Batman ein maskierter Verbrecherjäger und Beschützer der Schwachen ist, ist sein junger Schützling Skeleton Boy wie der erste Robin Dick Grayson ein vom Leben gezeichneter Junge, der sich fortan ebenfalls schwört, das Verbrechen zu bekämpfen.

In Nuancen weicht diese Referenz natürlich von den Heldenikonen der Popkultur ab. So ist es hier der Sidekick, dessen Eltern in den Straßen von Spiral City kaltblütig ermordet werden. Überdies weichen die Methoden von Skulldigger erheblich von denen des Mitternachtsdetektivs ab. Wo für Batman stets das Mantra gilt „Du sollst nicht töten“, da schlägt Skulldigger seinen Gegnern mit seiner bevorzugten Waffe – einem Totenschädel an einer massiven Kette – hemmungslos die Köpfe ein. In dieser Hinsicht erinnert die Figur dann eher an die Ein-Mann-Armee Frank Castle alias Punisher; auch das hiesige Kostüm dürfte diesem entlehnt sein.

Leseprobe aus „Black Hammer: Skulldigger & Skeleton Boy“. (Copyright: Splitter Verlag)

Im gesamten Buch finden sich noch etliche bekannte Leitmotive und weitere Anspielungen auf Ereignisse und Figuren aus den Welten von Marvel und DC. Die ermittelnde Polizistin ist Gothams Renee Montoya nachempfunden, ganze Passagen erinnern an die von Frank Miller so geliebten kurzen Sätze (wie vor allem in „Sin City“), Grimjim wirkt wie eine dämonische Joker-Version, freilich wird auf die „Watchmen“ Bezug genommen und noch vieles mehr. Insbesondere ist diese Serie indes ein Ehrenerweis und eine Verneigung vor den Arbeiten Frank Millers, der mit seinen Werken (u.a. „The Dark Knight Returns“, „Daredevil“) nachhaltig die Comic-Industrie prägte. Im Zuge dieser Ära richteten sich Comics zunehmend an erwachsene Leser:innen und verhandelten sozial relevante Themen. So ist es auch kein Zufall, dass sich das Geheimversteck von Skulldigger und Skeleton Boy an der Ecke Miller und Janson befindet. Oftmals gemeinsam mit Zeichner Klaus Janson hat Miller jenes „Bronze Age of Comics“ geprägt.

Im Nachwort erfahren wir, dass Jeff Lemire diese Serie zunächst unbedingt selbst zeichnen wollte. Er hat allerdings seinen Stil nicht gefunden. So entschied er sich für Tonci Zonjic („Geschichten aus dem Hellboy-Universum 7“), der meines Erachtens eine vorzügliche Wahl für die düsteren Straßen von Spiral City ist. Während die Entwürfe von Lemire recht cartoonig und kindlich wirken und stark an dessen postapokalyptische Saga „Sweet Tooth“ erinnern, macht sich Zonjic die Welt von Skulldigger komplett zu eigen und liefern tolle Charakterdesigns ab.

Fazit

„Skulldigger & Skeleton Boy“ bietet eine stimmungsvolle, düstere Hommage an die Superhelden der 80er und funktioniert als eigenständiges Werk. Nach meinem Dafürhalten eines der besten Bücher aus der „Black Hammer“-Spin-off-Reihe.


Black Hammer: Skulldigger & Skeleton Boy

Inhalt

Spiral City ist im eiskalten Griff des Verbrechens gefangen. Korruption und Gewalt sind an der Tagesordnung, und es scheint keine Hoffnung für die einst strahlende Metropole zu geben. Doch da erhebt sich ein Rächer aus der Menge, um die verdorbene Seele der Stadt zu retten: Skulldigger und sein junger Schützling Skeleton Boy. Sind sie fähig, den durchtriebenen Grimjim wieder hinter Gitter zu bringen und Spiral City zu retten?

(Quelle: Splitter Verlag)

Autor

Jeff Lemire
(*21. März 1976) ist ein kanadischer Comicautor und Autor.
Lemire ist bekannt für seine launischen, humanistischen Geschichten und seinen skizzenhaften, filmischen Schwarzweiß-Zeichenstil.

(Quelle: Wikipedia)

Jeff Lemire – Homepage | Jeff Lemire – Twitter

Details

Format: Hardcover, Bookformat
Veröffentlichung: 23.06.2021
Seitenzahl: 168
ISBN: 978-3-96219-435-2
Sprache: Deutsch
Verlagshomepage: Splitter Verlag

Copyright Cover: Splitter Verlag



Über den Autor

Fabian
"Du lächelst wie jemand, der keine Ahnung hat, wozu ein Lächeln überhaupt gut ist." (Das kleine, blaue, geflügelte Einhorn Happy, in: Happy!)