Review
Der zweite Akt endet in diesem fünften Band des Erstlingswerks des chinesischen Autors Xu Xianzhe. Wie dieser in dem Nachwort dieses Exemplares beschreibt, hat die Arbeit am zweiten Akt „Die weite Wüste“ ganze anderthalb Jahre gedauert. Die in der Geschichte verlaufende Zeit ist gerade mal ein Abend. Doch was passiert bis zum Ende dieses spannenden und prall mit Inhalt gefüllten Aktes?
Die Handlung
Pei Xingyan eröffnet diesen Comic mit einem das politische Klima beschreibenden Gedanken, der es wert ist, hier zitiert zu werden.
„Wenn ein Herrscher seine Untertanen als das wichtigste ansieht, dann ist er barmherzig. In unseren Zeiten machen sich überall in der Bevölkerung Klagen und Verbitterung breit. Der Herrscher hat jedoch nur seine Feldzüge und seinen Ruhm im Sinn. Der Herrscher ist unbarmherzig, seine Beamten aber wagen es nicht, ihn deswegen zur Rede zu stellen. Ganz im Gegenteil, sie lassen ihm in seinen Launen auch noch freie Hand, um sich dadurch Macht und Einfluss zu sichern. Alles Gerede von Barmherzigkeit ist nur noch eine Lüge.“
Wären dieser Comic und seine Geschichte nicht im frühen siebten Jahrhundert Chinas angesiedelt, so könnte man fast meinen, es handele sich um eine Protestrede eines jungen und aufstrebenden Demonstranten auf einer Kundgebung.
Mit dem inneren Konflikt, mit dem Pei bereits im dritten Band als moralisch gespaltene Figur eingeleitet wird, kann dieser den Umstand der Welt nicht akzeptieren und zerfetzt – hier ganz wörtlich zu nehmen – die Truppen des neuen Khans Heyi Xuan in seinem eigenen Lager. Wie ein unbesiegbarer Turm, mit Pfeilen in seinem Körper steckend, mäht er eine Gruppe nach der anderen mit seinen überdimensionalen Streitkolben weg. Kurz vor Peis Niederlage stellen sich die Söldner der Tocharer in ihren Schlachtrüstungen an die Seite des Edelmanns Pei und gegen die Bande des Heyi Xuan.
Dieser sieht seine Chancen auf einen Sieg schwinden, da auch Daoma und Shu, die bereits das Lager infiltriert haben, die Pferde loslassen und sich eine Massenpanik ausbildet. Heyi Xuan stürmt in sein Zelt und will sich die durch Pei Xingyan verarztete Ayuya schnappen und fliehen. Diese doch mittlerweile zu Kräften gekommene furchtlose Kämpferin kann ihren Peiniger besiegen. Man erfährt die Hintergründe Heyis und Ayuyas Werte in zwei aufeinanderfolgenden Rückblenden beziehungsweise Fantasien. Der finale Kampf der in der Kindheit einst befreundeten Heyi und Ayuya wird in seinem Höhepunkt gebührend gefeiert und dramatisch zelebriert.
Des Weiteren werden die in den nächsten Bänden zu erwartenden Konflikte um Politik und Zhishilangs Reise nach Chang’an weiter angedeutet. Es bleibt also spannend, wohin sich die nächsten Bände dieses chinesischen Epos bewegen werden.
Fazit
Da die Stilistik bereits ausführlich in den vorigen Rezensionen besprochen wurde, folgt hier an dieser Stelle ein knappes Fazit nach dem Ende der Halbzeit in Begleitung Daomas.
Xu Xianzhe hat ein wahrlich fantastisches, mitreißendes, in den kleinsten Szenen packendes und berührendes Werk geschaffen, das hoffentlich noch viele weitere Fans finden wird. Auch in diesem Band gibt es nahezu keine Kritik, die sich nicht bereits in den vorigen Rezensionen finden lassen könnte. Die exzessive Gewaltdarstellung ist ein Stil, den man mögen kann oder nicht. Die Zeichnungen sind allesamt konstant und ohne viele Abstriche auf sehr hohem Niveau. Auch in diesem Band findet sich nebst des Nachworts des Autors, ein Zusatzkapitel, das bereits eine zukünftig wichtig werdende Figur einführt.
Zu hoffen bleibt dann, in Anbetracht der Ankündigung einer Verfilmung, dass diese nicht in Pathos oder Kitsch und Gewalt der Gewalt wegen verkümmert, sondern eine genauso greifbare und erlebbare Tiefe der Figuren erschaffen wird.
Daoma ist und bleibt der coolste Held, den man zeichnerisch und erzähltechnisch derzeit in Mangas oder Manhuas findet. Ein Westernheld im mittelalterlichen China umringt von einem Kind, einem Killer, einer Prostituierten, einem Edelmann und einem dem Irrsinn nahen Rebellenführer – das ist ein grandioser Cast und es wird mit größter Vorfreude auf die Veröffentlichungen der nächsten Comics gewartet.
Biaoren – Die Klingen der Wächter – Band 5
Inhalt
Eine heißblütige Comicreihe aus China, die die vergangene Zeitepoche der Dynastien der Sui und Tang wiederauferstehen lässt.
Drittes Jahr der Daye-Ära (607 n. Chr.)
Unter der Tyrannei des Kaisers Yang Guang (Yangdi) der Sui-Dynastie lebt die Bevölkerung in tiefster Not.
Der über außergewöhnliche kämpferische Fähigkeiten verfügende Glücksritter Daoma verdingt sich als Kopfgeldjäger und Geleitschützer in den Wüstengebieten der westlichen Regionen und muss sich gleichzeitig vor den Strafverfolgern des chinesischen Kaiserhofes in Acht nehmen, die auf ihn Jagd machen.
Als Pei Xingyan gerade mit den Handlangern von Heyi Xuan in heftige Kämpfe verstrickt ist, erreichen auch Daoma und seine Weggefährten das Heereslager.
Sie halten sich in Deckung und warten auf einen günstigen Moment, um Ayuya zu befreien …
(Quelle: Chinabooks.ch)
Autor
Xu Xianzhe
wurde 1984 im autonomen Bezirk Yanbian in der nordostchinesischen Provinz Jilin geboren. Er gehört der ethnischen Minderheit der Koreaner an und ist daher zweisprachig aufgewachsen.
Er war vormals in der Werbebranche tätig und betätigte sich gleichzeitig als literarischer Übersetzer. Obwohl er nie eine formelle künstlerische Ausbildung absolviert hat, entschied er sich im Alter von 26 Jahren während einer persönlichen Krise und Phase der Umorientierung aufgrund seiner Leidenschaft für Comics dazu, seinem Herzen zu folgen und Comicautor werden zu wollen. Er investierte darauf vier Jahre darin, um sich die Grundlagen zu erarbeiten, sein Erstlingswerk – die Serie „Biaoren – Die Klingen der Wächter“ – auf den Weg zu bringen zu können – von der gedanklichen Konzeption bis hin zu allen vorbereitenden Arbeiten wie dem Studium historischer Quellen und der Aneignung von zeichnerischen Fähigkeiten.
Xu Xianzhe ist ein großer Filmfan und gibt in Interviews an, unter anderem von der Mafiafilmreihe „der Pate“ von Francis Ford Coppola, den Gangsterfilmen eines Martin Scorsese und eines Johnnie To und von japanischen Samurai-Filmen wie auch dem italienischen Kino geprägt worden zu sein. Im Comicbereich gibt er die japanischen Mangaka Takehiko Inoue („Vagabond“), Hiroaki Samura („Blade of the Immortal“), King Gonta („Beyond the Heavens“) als auch den japanischen Altmeister des Gekiga-Genres Hiroshi Hirata als Einflüsse und Quellen der Inspiration an.
(Quelle: Chinabooks.ch)
Details
Format: Paperback
Vö-Datum: 02/2021
Seitenzahl: 270
Sprache: Chinesisch (Kurzzeichen) / deutschsprachige Ausgabe
Verlagshomepage: Chinabooks E.Wolf
Copyright Cover: Chinabooks.ch