Review

Einflussreicher Klassiker

Der Traditionstitel und Klassiker „Batman: Killing Joke“ von den Comic-Ikonen Alan Moore und Brian Bolland ist in jüngster Zeit wieder vermehrt Gegenstand der Betrachtung, Analyse und Erörterung gewesen. Etliche Comics aus dem Hause DC knüpften unmittelbar an die prägenden Geschehnisse aus dieser einflussreichen Ursprungsgeschichte an oder widmeten sich jedenfalls mit Liebe zum Detail den dortigen Motiven, Themen und Grundgedanken („Der Joker 3: Menschenfresser“, „Batman: Die drei Joker 3 (von 3)“). Der Stoff zum skrupellosen und wahnsinnigen Batman-Widersacher ist allgegenwärtig.

Nun wollen die größten Kreativen von DC Comics diesem grausamen Witz einer Lebens- und Leidensgeschichte ein weiteres Mal nachspüren, wenn sie unter dem Banner „One Bad Day“ die Entstehungsgeschichte(n) der größten Schurken von Gotham neu denken, neu erfinden, jedenfalls neu prägen wollen. Und um es frei nach dem Joker zu formulieren:

Um die Schwelle des Wahnsinns zu überschreiten, kann ein furchtbarer Tag bzw. ein kleiner Schubser ausreichen.

Wie ein geprügelter Hund

Leseprobe aus „Batman – One Bad Day: Riddler“. (Copyright: Panini Comics)

Und schlechte Tage hatte der Riddler Edward Nigma in seiner Jugend- und Schulzeit en masse. Mit einem außergewöhnlichen Verstand gesegnet, gereicht ihm dieser doch nur selten zum Vorteil.

Der herrische Vater und Studienrat lässt keinen Anlass aus, um den verunsicherten Jungen einer gehörigen Tracht Prügel zu unterziehen. Nur Bestleistungen sind hinreichend. Der junge Mann ist fortwährend bestrebt, Wissen anzuhäufen und solches auswendig abrufbar zu haben.
Besondere Probleme bereiten ihm allerdings die Klausuren eines Lehrers, die stets mit einem Rätsel schließen. Auf diese Unwägbarkeiten kann man sich nicht vorbereiten. Ein willkommener Grund für Schläge des Haustyrannen daheim.

Jahre später hat der jetzige Superschurke Riddler die Schulbank hinter sich gelassen. Indessen hat er auch die kindlichen Rätselspiele satt. Denn Edward Nigma erschießt einen Mann scheinbar grundlos auf offener Straße und blickt anschließend in eine Überwachungskamera.

Der Dunkle Ritter steht vor einem Rätsel – ohne Rätsel.

Comic der Machart Tom King

Der Obertitel der Reihe „One Bad Day“ ist eher sinngemäß als wortwörtlich zu verstehen. In den seltensten Fällen wird es hier darum gehen, das Schicksal von Batmans größten Feinden auf bloß einen schlechten Tag oder ein Kernereignis zurückzuführen. Vielmehr werden prägende Ereignisse, Charakterzüge und Hintergründe von den kreativen Teams beleuchtet. Den Auftakt macht der Rätselkönig unter Gothams Verbrechern unter der Leitung des preisgekrönten Autors Tom King und des Ausnahmezeichners Mitch Gerads („Strange Adventures 1 (von 2)“, „Batman 2: Selbstmord-Trip“). Beide wussten, insbesondere als Team, schon in der jüngeren Vergangenheit für Furore zu sorgen. Mit den eigenwilligen Arbeiten aus der Feder von King habe ich allerdings seit einiger Zeit meine Probleme („Batman/Catwoman 4“, „Rorschach 4“). Und so verhält es sich auch mit der vorliegenden Betrachtung in „Batman – One Bad Day: Riddler“.

Dies ist zum wiederholten Male eine Story von Tom King, die sich für deutlich origineller und cleverer hält, als sie ist. Meines Erachtens hat der Autor zu der legendären Figur Edward Nigma nicht viel beizutragen.

Die Komplexe des Schurken und seine schicksalhafte Entwicklung werden zunächst in recht klischeehafter Art und Weise auf eine schwierige Jugend- und Schulzeit sowie insbesondere einen prügelnden Vater nebst Erfolgsdruck zurückgeführt. So weit, so austauschbar. Es mangelt dem verbissenen Schüler insbesondere an kreativem Denken. Dessen ungeachtet resultiert das Dasein als grün gewandeter Rätselfreak offenbar aus den „unlösbaren“ Schularbeiten eines früheren Lehrers. Inwiefern diese Rätsel bzw. persönlichen Demütigungen zu seiner Faszination und Besessenheit geführt haben, weigert sich King jedoch ebenso zu ergründen, wie die maßgebliche Frage, warum der Schurke von seiner Vorliebe für Denkspiele urplötzlich Abstand nimmt. Tom King entwirft eine Origin über Edward Nigma, ohne dessen ureigene Persönlichkeit, sein Naturell und typischen Charakter zu erforschen.

Leseprobe aus „Batman – One Bad Day: Riddler“. (Copyright: Panini Comics)

Im Prinzip beraubt der Autor die ikonische Figur hier ihrer schrulligen und charakteristischen Eigenheiten.
Der Riddler ist nicht verspielt, gewitzt oder gar genial, sondern vielmehr unterkühlt, rücksichtslos und diabolisch.

Anhaltspunkte für den Sinneswandel sind nur schwerlich auszumachen.
„Jetzt zeigen uns Tom King und Mitch Gerads, wer der Riddler wirklich ist“, so heißt es jedenfalls im Vorwort der Ausgabe. Ich denke nicht, dass sie das tun.

Die Geschichte schließt mit einem Finale ab, das weniger als eine Hommage, als vielmehr – im Hinblick auf „Killing Joke“ – als abgekupfert bezeichnet werden kann.

Die virtuosen Zeichnungen von Mitch Gerads spiegeln den finsteren Grundton und die Atmosphäre dieser möglichen Herkunftsgeschichte gekonnt wider. Jedenfalls insofern harmoniert die Erzählung mit den Illustrationen.

Fazit

Das erste kreative Duo tritt vermeintlich an, um die (Ursprungs-)Geschichte des giftgrünen Superschurken neu zu definieren. Meines Erachtens verkennt die Ausgabe den schurkischen Rätselfan in seinen (liebenswerten) Besonderheiten und macht ihn zum austauschbaren Abziehbild.


Batman – One Bad Day: Riddler

Inhalt

Batmans größte Widersacher in einer eigenen Albumreihe!

Ebenso berühmt wie der Dunkle Ritter von Gotham City sind seine schlimmsten Feinde, Catwoman, Two-Face und all die anderen! Diese neue Reihe um Batmans größte Widersacher widmet sich ganz diesen aus Comic, Film und Fernsehen bekannten Bösewichten in anspruchsvollen, intelligenten Graphic Novels! Den Anfang macht der Rätselkönig Riddler ‒ in einer Story des preisgekrönten Bestseller-Autors Tom King (BATMAN) und von Top-Künstler Mitch Gerads (MISTER MIRACLE).

Der Riddler ist plötzlich brutaler und unberechenbarer geworden als je zuvor. Der Dunkle Ritter sucht nach Antworten für diese plötzliche Verhaltensänderung, und die Ermittlungen führen in Edward Nigmas Vergangenheit.

(Quelle: Panini Comics)

Autor

Tom King
ist ein amerikanischer Autor und Comicbuchschreiber und Ex-CIA-Officer.

Tom King – Facebook | Tom King – Twitter

Details

Format: Hardcover
Veröffentlichung: 21.02.2023
Originalausgaben: Batman – One Bad Day: The Riddler 1
Seitenzahl: 76
Sprache: Deutsch
Verlagshomepage: Panini Comics

Copyright Cover: Panini Comics



Über den Autor

Fabian
"Du lächelst wie jemand, der keine Ahnung hat, wozu ein Lächeln überhaupt gut ist." (Das kleine, blaue, geflügelte Einhorn Happy, in: Happy!)