Am 27. November 2021 konnten Goethes Erben endlich ihr Kammerkonzert „Flüchtige Küsse“ nachholen, das ursprünglich für April anberaumt war. Unter der strengen Regelung von „erweitertem 2G“, also Impfnachweis und Mund-Nasen-Schutz inklusive Abstand zueinander, auch bei den Sitzgruppen, konnte es nun in der Wabe in Berlin organisiert werden. Es galt freie Platzwahl und die Stimmung war besonnen und ruhig, aber auf das Kommende gespannt.
Relativ pünktlich – kurz nach 20 Uhr – wurde es sodann erst dunkel, bevor die bekannte Kunst von Goethes Erben musikalisch-farbig startete.
Überraschend und freudig konnten die Zuschauer:innen auf Benni Cellini von Letzte Instanz blicken, der sogleich sein Cello strich, bevor Oswald Henke die Bühne betrat. Dieser ließ es sich auch bereits einleitend nicht nehmen, zu erwähnen, wie froh man war, in diesen unbeständigen Zeiten doch noch ein Kammerkonzert stattfinden lassen zu können. Auch wenn nicht alle mitreisen konnten. So wurde der Tontechniker vom hauseigenen Techniker ersetzt und auch das Merchandise würdig vertreten.
Mitten ins Herz und in die Seele
Dieses Kammerkonzert war mit Sicherheit nicht nur, aber ganz besonders intensiv und vermutlich für die meisten Zuschauer:innen eine Flucht aus eigenen Hamsterrädern. Es wurde klar und reflektierend, sowohl in Lyrik als auch Statements, wie tief die derzeitig immer noch anhaltende Situation besonders Künstler:innen trifft: Mitten ins Herz und in die Seele.
Neben „alten“ und „älteren“ Darbietungen u.a. aus der „Die Leben im Niemandsland“-Trilogie, durften auch neuere Stücke nicht im Repertoire von Goethes Erben fehlen. Besonders beeindruckend war hier die Vorstellung von „Klein-Oswald“, dem marionettenhaften Abbild des Frontmannes selbst.
Galerie: Goethes Erben

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Schnell war zudem klar, wieso der sensible Geist eines Oswald Henkes so authentisch performte, avantgardistisch inszenierte und eindringlich und wenig subtil transportiere, dass man gar nicht anders konnte, als in dessen Bann gezogen zu werden – und eine Portion Humor trotzdem nicht missen ließ.
Zwischen „Seelenschatten“ mochte er auch fliegen (dieser Song war ebenso eindringlich) und ließ ebenfalls nicht aus, dem Namen als geistige Erben eines unserer größten Dichter und Denker Tribut zu zollen, als er den „Erlkönig“ darbot und im Nachgang gekonnt den Heldenuntergang inszenierte.
Die Erben verstanden es einmal mehr, die Schönheit und Hässlichkeit in ihrer Dualität zu projizieren und Metaphern zu schaffen.
Vielleicht war es dem Gefühl geschuldet, dass das vielleicht das letzte Konzert für die nächste Zeit hätte gewesen sein können, aber es wurden auch drei Stücke gespielt, die auf keinem Tonträger zu finden sind – und zwei davon erstmals überhaupt live.
Was bei mir nachhaltig im Ohr nachklang:
„Das geht an alle Bauern: Der König kann nur schachmatt gesetzt werden – und wieder von Neuem beginnen…“
Fazit
Dieses Kammerkonzert berührte nicht nur Auge und Ohr. Es packte das Publikum genau da, wo er bzw. sie es „brauchten“: In der Reflexion ihrer selbst.
Bravo! Die stehenden Ovationen waren mehr als verdient.
Auch noch Tage nach dem Kammerkonzert von Goethes Erben bin ich nachhaltig beeindruckt, was ich da in der Wabe in Berlin erleben durfte.
Video
Details
Datum: 27.11.2021
Location: Wabe, Berlin
Copyright Artikelbild: Goethes Erben
Copyright Fotos: Dagmar, DeepGround