Kirchenbesuch mal anders
Auch wenn ich weit davon entfernt bin, mich als gläubig zu bezeichnen, üben Kirchen und alle religiösen Gebäude und Tempel eine Anziehungskraft auf mich aus. Gleichzeitig sehe ich mich selbst viel mehr im alten Glauben verhaftet – aus vielen verschiedenen Gründen. Als ich dann erfuhr, dass Faun im Rahmen ihrer „Acoustic Kirchen Tour“ am 07. Mai 2022 in der Passionskirche in Berlin spielen würden, trafen beide Welten aufeinander und „fusionierten“ zu einem wunderschönen, mythischen und zauberhaften Abend.
Ganz besonders sprach mich dabei die Balance zwischen Akustik, Anekdoten und der Rückbesinnung zu den Wurzeln an, die hier wunderschön vertont wurden.
Einleitend zu jedem Titel erzählten die Bandmitglieder jeweils die Hintergründe, ließen aber zwischendurch auch den Humor nicht missen. So z.B. als Oliver noch mal kurz sein Instrument prüfen musste und Stephan einen Witz zur Überbrückung erzählen wollte. Oliver machte daraus wiederum eine humorvolle Wende. Sehr sympathisch.
Das Sextett trat diesmal als Quintett auf, denn Niel war nicht mit von der Partie. Das war zwar schade, hatte aber keine Einbußen in der „Qualität“ des Ganzen. Oliver, Laura, Adaya, Stephan und Ruediger verzauberten das Publikum auch im Fünfer-Gespann und ließen es sich nicht nehmen, ihrer Freude darüber, vor echten Menschen endlich wieder spielen zu dürfen, Ausdruck zu verleihen und verwiesen in diesem Zusammenhang auch auf ihre weiteren Konzertformate.
Die Songauswahl
„Anagin“ nahm den musikalischen Opener ein, gefolgt von „Adam Lay Ybounden“, „Rosmarin“, „Tanz über die Brücke“, „Karuna“, „Cuncti Simus“, „Zeit der Raben“ und „Halling“, bevor eine kurze Pause eingelegt wurde. Die Darbietung war nicht nur ein Fest für die Ohren, sondern auch für das Auge, denn Ton und Licht wurden perfekt aufeinander abgestimmt und bildeten eine buchstäblich unter die Haut gehende Atmosphäre.
Faun ließen es auch nicht missen, eine kleine „Geschichtsstunde“ zum Besten zu geben und darauf hinzuweisen, nicht nur die Handys zu zücken und aufzunehmen, sondern doch bitte den Moment zu genießen und gar zu leben. Zu Recht, denn das folgende acht Songs umfassende Set („Sparvens Polska“, „Willow Tree“, „Herr Heinerich“, „Wanamoinen“, „Tamlin“, „Ne Aludj El“, „Rabenballade“ und schließlich „Sao Roma“) war einfach traumhaft.
Es folgte eine erste Zugabe mit „Ynis Avalach“ und „Tinta“. Und weil das Publikum gar nicht mehr sitzen mochte, schloss sich das Outro mit „Fort“ an.
Galerie: Faun

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Man hatte das Gefühl, dass sowohl die Band als auch die Zuschauer:innen gar nicht gehen wollten. Die Freude stand der Band buchstäblich ins Gesicht geschrieben. Sie verließ ihr Publikum schlussendlich mit den Worten, man dürfe sich erfreuen und nach Hause schweben.
So fühlte es sich tatsächlich auch an. Mit leichtfüßigem Gang, den Kopf in den „Wolken“ und selbstverständlich Faun im Ohr trat ich sodann den Heimweg an und hätte mir mindestens eine weitere Stunde dieser „Verzauberung“ gewünscht.
Resümee
Als ich im Nachgang den Abend mehrfach Revue passieren ließ, begann ich zu verstehen.
Musste ich mich mit dem Thema „Vergänglichkeit“ plötzlich einmal mehr intensiv auseinandersetzen, hatten die Faun-Klänge mich durch die Tage und Wochen getragen und geholfen, den Kreis zu schließen. Die Repräsentation der Naturverbundenheit ließen mich Verlust besser ertragen und halfen, loszulassen: Alles ist vergänglich, nichts bleibt für immer. Was aber im Herzen bleibt, sind Erinnerungen und Geschichten. Das ist das Leben.
Die Akzeptanz dessen zaubert auch nach einem Monat noch ein Lächeln ins Gesicht und lässt mich an den Satz einer Zuschauerin erinnern, welche sagte, gute Menschen tragen die Melodie in sich und sind Geschichten zugewandt.
Danke für die Melodien, Mythen, Geschichten und auch Märchen. Euer Fingerspritzengefühl und eure Umsicht können in der Tat heilen.