Griftegård haben sich aufgelöst. Selten gab es in diesem Jahr in der Metal-Szene eine Nachricht, die mich mehr überrascht und traurig gemacht hätte.
Noch wenige Tage vor dieser Nachricht spielten die fünf Schweden vor einer kleinen auserwählten Schar von Jüngern in untergründigen Clubs in ganz Deutschland. Sogar ein neues Album wurde für die nahe Zukunft angekündigt. Umso überraschender kam die Nachricht der Auflösung, welche die Band in einem schlichten Post auf ihrer Facebook-Seite unter das Volk brachte. Nun, da diese Ausnahmeband nicht mehr existiert, fragt sich die Doom-Gemeinde zu Recht: Wie konnte Gott das zulassen?
Während andere Doom-Bands die Gunst der Stunde nutzten, um sich dem opulenten Sludge- und Stoner-Publikum anzubiedern oder aber den Doom immer poppiger interpretierten und das Ganze als progressiv verkauften, stand der Name Griftegård wie eine göttliche Institution, die sich weder verändern noch rechtfertigen muss.
So schafften es die Schweden schon mit dem ersten Longplayer „Solemn.Sacred.Severe“ im Jahr 2009, ein Album herauszubringen, welches in einem Atemzug mit Klassikern von Candlemass oder Solitude Aeturnus genannt werden muss. Es ist ein Album, welches für viele Doom-Fans einer Offenbarung gleichkommt. Dabei ist es gar nicht so leicht zu definieren, was genau den Reiz der Doom-Kapelle ausmacht. Die Musik ist weder neu noch unterhaltsam, sie ist schlichtweg einzigartig.
2004 in Norrköping gegründet, erspielt sich Griftegård rasch eine treue Hörerschaft und zieht Doom-Freunde aus ganz Europa in den Bann. Maßgeblich dafür ist nicht nur die Musik, es ist das Auftreten und die inhaltliche Ausrichtung. Die über allem wabernde Angst vor dem strafenden, allsehenden Gott und der eigenen Fehlbarkeit ist selten greifbarer und authentischer vertont worden als durch die fünf Schweden. Songwriter und Texter Ola Blomkvist, aufgewachsen im Umfeld der Zeugen Jehovas, wusste stets, wovon er redet, und Sänger Thomas Eriksson, häufig mit Kanzel auf der Bühne, verstand es, die Texte so zeremoniell und geradezu sakral herüberzubringen, dass das Wort Gänsehaut eigentlich neu definiert werden musste.
Wenn man Interviews mit Frontmann Ola Blomkvist gelesen hat, braucht es allerdings nicht viel Fantasie, um sich vorzustellen, dass auch hier Genie und Wahnsinn wieder einmal nah beieinander liegen. Und so ist es auch eigentlich nicht verwunderlich, wie sich diese Ausnahmeband von uns verabschiedet: Weder mit großen Worten, noch mit einer großen Tour, sondern heimlich, still und leise.
Mit GriftegÃ¥rd verliert die Doom-Metal-Szene ein Gesicht, das nie in der ersten Reihe stand, aber eines, an das man sich erinnert. Ein Gesicht, das uns fehlen wird. Für zehn Jahre hervorragende, tiefgründige Musik soll daher zum Abschied einfach ein schlichtes „Danke“ stehen. Oder um im GriftegÃ¥rd-Jargon zu bleiben: Gott vergelts!
Ja, Gott vergelts. Manche Dinge gewinnen aber auch an Wert, wenn es sie nicht mehr gibt. Aus der Trauer soll Neues entstehen, der Tod ist die Kraft des Lebens.