Mit seiner „Spiegelkrieger“-Trilogie, die historische und fantastische Elemente miteinander verknüpft, klopfte Autor Werner Karl kürzlich bei uns an.
Unsere Neugier war geweckt und so nahmen wir uns „Druide der Spiegelkrieger“, „Königin der Spiegelkrieger“ sowie „Dämon der Spiegelkrieger“ für eine Rezension vor.
Was es darüber hinaus Interessantes über den Autor zu erfahren gibt, was dieser über Selfpublishing und Schreibprozesse zu erzählen hat und vieles mehr lest ihr in diesem Interview.
Conny: Hallo Werner! Willkommen zu unserem Interview! Wovon halte ich Dich denn gerade ab, während Du uns Rede und Antwort stehst?
Werner: Eigentlich nur von Fleißarbeit, also Recherche, Korrekturen, Ideen notieren, Self-Marketing u. ä. Dingen, die ich abends machen kann. Dafür kann ich jede ½, 1 oder 2 Stunden nutzen, die nicht meine Familie – zu Recht – einfordert und die mir für die eigentliche Schreibarbeit zu kurz wären. Mein Liebelein guckt gerade eine Komödie, während ich hier die Antworten schreibe. 🙂
Conny: Für alle, die Dich noch nicht kennen: Angenommen, Dein Computer könnte sprechen – Was würde er über den Autor Werner Karl erzählen?
Werner: Bei o. g. Arbeiten wäre mir eine sich sinnvoll artikulierende, also intelligente Maschine schon von Nutzen, es wäre einfach schneller, effektiver. Beim Schreiben hätte er aber die Klappe zu halten. Ich schätze das stille Summen des Lüfters, wie ich überhaupt beim Schreiben jede Störung missbillige. Konzentration ist für mich nicht möglich, wenn Radio oder TV blubbern.
Was er über mich sagen würde? Dass ich mich freue wie ein Kind, wenn ich mal wieder eine Funktion verstanden habe, die mir bis dato nicht zur Verfügung stand: Ich bin User, kein Computer-Freak.
Conny: Deine „Spiegelkrieger“-Trilogie ist in der „History Fantasy“ angesiedelt. Was ist das Faszinierende für Dich an diesem Genre?
Werner: Ich war schon in der Schule fasziniert von alten Völkern und deren Kultur. Ich staune auch heute noch bei Dokus, was man schon vor Jahrhunderten oder Jahrtausenden vollbracht hat. Zum Glück hatte ich einen Geschichtslehrer, der nicht nur auf Jahreszahlen herumritt, sondern auch Zusammenhänge erläuterte. Die Eins in Geschichte war eine geschenkte Note.
Je älter ich werde, desto mehr Dinge entdecke ich in wissenschaftlichen Erkenntnissen, die unsere Altvorderen schon gekannt und praktiziert und die wir ach so modernen Menschen vergessen haben oder ignorieren.
Conny: Der historische Kontext der „Spiegelkrieger“-Romane ist die Besetzung Britanniens durch die Römer. Warum ausgerechnet dieses geschichtliche Setting?
Werner: Die Römer waren damals die politische, kulturelle und vor allem militärische Großmacht schlechthin. Ich habe mich immer gefragt, wie die angeblich so primitiven Barbarenstämme im hohen Norden Schottlands dieser Supermacht die Stirn bieten konnten. Kaiser Hadrian sah seine Invasions-Legionen so bedroht, dass er auf die völlige Einnahme der Insel verzichtete und diesen Wall errichten ließ.
Die Spiegelkrieger haben ja nur ihren Ausgangspunkt in einer historischen Tatsache: eben des Sturms der Picten und Caledonier auf den römischen Hadrianswall. Durch die Fantasy entfernt sich die Handlung von der belegten Geschichte und bietet dem Leser Dinge, die so eben nicht geschehen sind. Meine Erklärung ist eben gruselig, grausam, brutal. Trotzdem kommt die Liebe nicht zu kurz.
Conny: Du hast auch bereits einige Veröffentlichungen im Bereich Science-Fiction vorzuweisen.
Im direkten Vergleich zur historischen Fantasy: Was fällt Dir leichter zu schreiben bzw. birgt mehr Ideen für Dich und warum?
Werner: Da gibt es kein schwerer oder leichter. Viele Leser – und auch etliche Autoren – glauben ja, dass man sich in fantastischer Literatur austoben könnte, wie man will. Das ist ein Irrglaube. Für den Leser – ob nun vorbelastet, gebildet oder nicht – müssen viele Dinge nachvollziehbar sein. Nehmen wir als Beispiel für die Fantasy Schwertkämpfe. Da wird in so manchen Romanen etwas beschrieben, was rein technisch und physiologisch gar nicht funktionieren kann.
In der Sciencefiction gibt es – grob unterteilt – zwei Gruppen von Autoren. Die einen beharren auf vorhandene und in absehbarer Zeit real verfügbare Technologie. Das wirkt schnell oberlehrerhaft und langweilig. Die andere Gruppe – zu der ich mich zählen möchte – bedient sich einer gewissen literarischen Freiheit und verwendet Dinge, die wahrscheinlich nie funktionieren werden. Trotzdem müssen beide einer gewissen Logik folgen und viele Fakten recherchieren. Eine Prämisse darf falsch sein, nur in sich muss sie stimmig sein. Nehmen wir als Beispiel Beamen oder den Replikator aus „Star Trek“. Mit aller Wahrscheinlichkeit wird es das nicht geben. Aber in den Filmen und Büchern ist es akzeptabel.
Als Inspiration oder Ideenpool sind beide Genres schier unerschöpflich. In meiner Ideen-Datenbank schlummern Fragmente zu ca. 50 Romanen, hihi.
Conny: Wie muss man sich den Schreibprozess bei Dir allgemein vorstellen? Und wie lange sitzt Du an einem Roman?
Werner: Tja, da triffst du den einzigen Punkt, wo ich ein Gefühl in mir trage, dass ich sonst nie verspüre: Neid. Nämlich auf all die AutorInnen, die den ganzen Tag schreiben dürfen. Ich habe einen 50-h-Vollzeit-Lohn-&-Brot-Beruf, den ich mit Engagement seit Jahrzehnten ausführe. Ich bin – u. a. – ein Troubleshooter für die Druckindustrie.
Somit ergibt sich der Umstand, dass ich für einen Roman mit 450, 500 oder mehr Seiten ca. ein Jahr am Rohtext sitze. OK; ich werde immer schneller, dafür aber auch immer selbstkritischer. Habe ich meinen Erstling – er liegt mit all seinen Fehlern immer noch in der Schublade – wie im Rausch innerhalb von „nur“ 7 Monaten geschrieben und so gut wie nichts recherchiert, dauert es jetzt eben i.d.R. 12 Monate.
Wenn ich zum Schreiben komme, spielt jeder, der mich stört, mit seinem Leben (lacht).
Ein Gläschen Rotwein dabei ist bei mir kein Klischee, sondern Genuss. An einem guten Tag sind das dann schon mal 7, 10 oder im Idealfall 15 Normseiten. Ich muss hier einschränken: ich lese – kaum dass ich eine Seite geschrieben habe – sie mir gleich laut vor und höre auf den Klang der Wörter und des Satzes. Das ist fester Bestandteil meiner Arbeit.
Conny: Verfolgen Dich Deine Figuren auch im Traum oder gelingt es Dir, zeitweise komplett abzuschalten?
Werner: Geträumt habe ich noch nie von einer Figur. Die sitzen mir aber beim Schreiben auf der Schulter und plärren die ganze Zeit „Ich will nicht sterben!“ ins Ohr. Und abschalten will ich gar nicht (das macht schon mein Beruf unterm Tag); ich betrachte einen Tag, wo ich gar nichts für ein Buchprojekt tun kann, als verlorenen Tag. Das Gehirn kann man ohnehin nicht „abschalten“; also nutze ich es. Ich hoffe gut.
Conny: Stichwort Selfpublisher: Was muss man sich darunter vorstellen? Welche Schwierigkeiten, aber auch Vorteile sind damit verbunden?
Werner: Nun, das dürfte bei allen SP das Gleiche sein: Man ist allein und hat nicht das Budget für die Marketingmaßnahmen, welche große Publikumsverlage nutzen können. Übrigens auch nur für die Spitzentitel und eine kleine Anzahl ausgewählter Autoren, die man aufbauen will.
Als SP zahlst du halt für Korrektorat, Lektorat und Cover; diese Punkte würde ich als Mindestinvestition betrachten. Mitunter zahlt man hier Lehrgeld, bis man Leute findet, die a. ihr Handwerk verstehen und b. bezahlbar sind.
Als alte Korinthe habe ich mir vor Jahren eine To-do-Liste erstellt, in der ich alles aufgeführt habe, was rund um das Schreiben an Aufgaben, Wissen und Faktoren zu beachten ist. Mittlerweile biete ich das auf rund 140 Normseiten angewachsene Dokument als E-Book für angehende AutorInnen an. Warum sollen Anfänger all die Fehler machen, die man vermeiden kann, wenn man sie vorher kennt?
Die Vorteile eines SP liegen m. M. nach auch auf der Hand: Niemand redet dir beim Plot hinein, du hast die Freiheit ein Genre oder einen Genre-Mix zu wählen, für den ein Verlag keinen Programmplatz hat, du kannst dein Cover so gestalten lassen, wie du es am sinnvollsten erachtest* und dergleichen Dinge mehr.
Das Sternchen steht für den glücklichen Umstand, dass ich als gelernter Druckermeister eine grafische Ausbildung genossen habe und sozusagen ein „Bildtier“ bin, was mir beim Verfassen bildhafter Szenen hilft. Es haben mich schon mehrere Zuhörer bei Lesungen angesprochen, dass sie mit meinem Druiden und der Römerin zusammen auf dem Schlachtfeld standen. Kopfkino zu erzeugen, ist für mich ein wichtiges Lob.
Zurück zum Cover: Meine Grafiker haben meine Vorschläge zu meiner vollsten Zufriedenheit umgesetzt. Die Bildrecherche hat mich aber mindestens eine Woche Zeit gekostet.
Conny: Berufswunsch: Autor/Schriftsteller. Ein Alptraum vieler Eltern. Wie fällt bei Dir die familiäre Reaktion auf Deine schriftstellerische Tätigkeit aus? Wie vereinbart sich das Schreiben mit dem Privatleben?
Werner: Hahaha, als ich o. g. (unveröffentlichten) Erstling in Angriff nahm und zu Papier und Bleistift griff, fragte mich meine Frau, wem ich denn einen Brief schreiben wolle. Ich sagte, ich schreibe einen Roman. Sie sagte: „Du spinnst!“ Noch Fragen? 😉
Niemand nimmt dich am Anfang – und noch lange Zeit danach – ernst. Sie halten es für verschwendete Zeit, eine brotlose Kunst und fühlen sich ausgeschlossen, weil Schreiben ein einsamer Prozess ist. Erst wenn du etwas in Händen halten kannst (ein E-Book zählt gar nichts in deren Augen!), wenn du Lesungen abhältst, wenn du in der Zeitung erscheinst (je größer der Artikel umso mehr Ansehen) und natürlich wenn das erste kleine Geld kommt, scheinen sie zu ahnen, dass man es ernst meint. Todernst!
Conny: Als Autor steht man ja mit seinen Werken in der Öffentlichkeit und muss sich Lob sowie Kritik gefallen lassen. Wie gehst du mit beiden um?
Werner: Ich darf mir einen analytischen Verstand attestieren, ob nun angeboren oder erlernt, kann ich nicht sagen. Ich lese jede Rezension mit höchstem Interesse und freue mich über Sätze, die einem die Tränen in die Augen treiben. Gottlob sind bislang negative Stimmen ausgeblieben.
Sachliche Kritikpunkte nehme ich insofern an, dass ich die betreffende Stelle oder den Punkt überdenke, eben analysiere und es dann konsequent abarbeite, wenn ich dem Punkt zustimmen kann. Da kommt ein wenig die Korinthe in mir zutage.
Das führt mich zu den von dir angesprochenen Vorteilen eines SP: Man kann ein E-Book und natürlich auch ein Print-Book sofort mit dem korrigierten Text versehen. Das Internet ist des Autors Freund und Feind. Der nächste Käufer des Buches wird dann den Kritikpunkt nicht mehr finden.
Conny: Welche Frage hättest Du uns gerne beantwortet, die wir jedoch nicht gestellt haben? Bitte gib uns NUR die Antwort darauf.
Werner: Ja, es wird weitere „Spiegelkrieger“-Romane geben. Wieder eine Trilogie, aber komplett als Prequel. Allerdings kommen davor noch zwei Einzelromane, einmal wieder Dark-/History-Fantasy, aber mit regionalem Bezug, einmal eine komplett neue Fantasy-Welt und der erste Band einer Scifi-Reihe, die bis dato auf vier Bände geplant ist. Es dauert also noch, bis wieder Spiegelkrieger über die Welt wandeln werden …
Nun kommen unsere Keywords. Man stelle sich vor, wir würden Dir Wörter an den Kopf werfen, die uns spontan eingefallen sind, als wir über dieses Interview nachgedacht haben. Bitte schreibe kurz unter jedes Wort, was Dir dazu einfällt:
Spiegelkrieger
Sie sterben … und kommen wieder.
E-Books
Mittlerweile Pflicht für jeden SP, vielleicht für jeden Autor.
Fiktion
Ich übersetze das als Phantasie; ohne macht Schreiben keinen Sinn.
Realität
Ist fantastischer, als viele glauben wollen. Augen auf!
Geschichte
Wir und die Welt sind das Ergebnis von Geschichte. Sie zu ignorieren ist dumm.
Schreibblockade
Kenne ich nicht.
Nervennahrung
Neugier. Lust auf Information.
Zeitmanagement
Muss ich noch dran arbeiten.
1.Familie, Beruf und Schreiben kämpfen um Platz 2 😉
Deadline
Habe ich als SP Gott sei Dank nicht. Schon wieder ein Vorteil.
Adaptionen
Würde sich ein Zeichner finden, fände ich Graphic-Novels zu den Spiegelkriegern cool.
Wir bedanken uns für das Interview!
Kurzbio
Werner Karl ist Selfpublisher-Autor mehrerer Romane und Erzählungen aus den Bereichen Fantasy und Science-Fiction.
Details
Werner Karl – Homepage
Werner Karl – Facebook
Bibliografie:
„Spiegelkrieger“-Trilogie:
01 Druide der Spiegelkrieger
02 Königin der Spiegelkrieger
03 Dämon der Spiegelkrieger
weitere Veröffentlichungen:
02/2014 – Autor werden, Autor sein, Autor bleiben
Beiträge in:
04/2011 – Danger Zone – Science Fiction Stories: Eine Hommage an The Twilight Zone®
05/2014 – Die Auserwählte – Sonderband 5 (Rettungskreuzer Ikarus)
12/2011 – Weltentor Science Fiction II (Anthologie)
12/2012 – Weltentor Fantasy / Science Fiction / Mystery (Anthologie)
12/2013 – Weltentor Fantasy (Anthologie)
12/2013 – Weltentor Mystery (Anthologie)
11/2014 – Weltentor Science Fiction (Anthologie)
11/2014 – Weltentor Mystery (Anthologie)
11/2014 – Weltentor Fantasy (Anthologie)
Copyright Artikelbild: Thomas Heuchling, Coburger Tagblatt
[…] Das Interview führte Conny; zum Interview bitte hier klicken. […]